Lob von der SPD für Ursula von der Leyens EU-Kommission

10.09.2019 04:50

Vor der Wahl von Ursula von der Leyen zur Kommissionschefin war die
SPD äußerst kritisch. Doch jetzt hört sich das etwas anders an. Man
werde nicht fünf Jahre «im Schmollwinkel sitzen», sagt der Chef der
SPD-Europaabgeordneten.

Brüssel (dpa) - Die SPD lobt EU-Kommissionschefin Ursula von der
Leyen für die Auswahl ihres Teams für die nächsten fünf Jahre. «S
o
viele Frauen hatten wir noch nie in der Kommission», sagte der Chef
der SPD-Europaabgeordneten, Jens Geier, der Deutschen Presse-Agentur
in Brüssel. «Dafür muss man Frau von der Leyen erstmal loben.»

Die künftige Kommissionspräsidentin will ihr Team und die
Aufgabenverteilung für die kommenden fünf Jahre an diesem Dienstag um
12.00 Uhr vorstellen. Der nächsten Kommission sollen 13 Frauen -
einschließlich von der Leyen selbst - und 14 Männer angehören.

Bei der Wahl von der Leyens im Juli hatten die SPD-Abgeordneten im
Europaparlament der CDU-Politikerin noch die Stimme verweigert, weil
sie keine Spitzenkandidatin zur Europawahl gewesen war. Die Ablehnung
damals sei gut begründet gewesen, sagte Geier. Aber das bedeute
nicht, «dass man jetzt fünf Jahre im Schmollwinkel sitzt». Von der
Leyen sei gewählt, und nun bewerte man ihre Vorschläge.

Geier begrüßte, dass ein Drittel der designierten Kommissare
Sozialdemokraten seien, darunter überproportional viele Frauen. Doch
gebe es noch Zweifel, ob die sozialdemokratischen Kandidaten Ressorts
mit dem nötigen Gewicht bekämen.

Die EU-Kommission ähnelt - vereinfacht gesagt - einer Regierung mit
verteilten Ressorts. Sie arbeitet mit einem Apparat von mehr als
30 000 Beamten, schlägt europäische Gesetze vor und achtet auf deren

Einhaltung. Jedes der 27 bleibenden EU-Länder ist mit einer Person
vertreten - für Deutschland ist das von der Leyen, Großbritannien
verzichtet wegen des Ende Oktober geplanten Brexits. Planmäßig soll
die Kommission am 1. November starten.

In den nächsten Wochen werden alle Nominierten in den zuständigen
Ausschüssen des Europaparlaments angehört. Einzelne Personen könnten

noch ausgetauscht werden, bevor das Plenum letztlich über das gesamte
Personalpaket abstimmt.

Geier sagte, bei einigen Anwärtern würden in den Anhörungen sicher
kritische Nachfragen gestellt, unter anderem beim designierten
Kommissar aus Ungarn. «Da werden wir schauen müssen, wie tief seine
Begeisterung für die europäische Zusammenarbeit reicht», sagte der
SPD-Abgeordnete. Auch andere Parlamentarier haben Vorbehalte gegen
die Nominierten aus Ungarn, Polen und Rumänien.

Der für Ungarn nominierte ehemalige Justizminister Laszlo Trocsanyi
steht in der Kritik, weil er eine umstrittene und inzwischen
gestoppte Justizreform mitgetragen hat. Gegen den polnischen
Kandidaten Janusz Wojciechowski ermittelt die europäische
Anti-Betrugs-Behörde Olaf wegen womöglich falscher Reiseabrechnungen.
Die von Rumänien nominierte Rovana Plumb sieht sich dem Vorwurf des
Amtsmissbrauchs ausgesetzt.