Menschenmenge greift Polizei in Nordirland mit Molotow-Cocktails an

10.09.2019 13:48

Londonderry (dpa) - Im nordirischen Grenzort Londonderry ist es am
Montagabend zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Dutzende Polizisten
seien von einer Menschenmenge mit etwa 40 Molotow-Cocktails und
anderen Wurfgeschossen angegriffen worden, teilte die Polizei mit. Zu
der Straßenschlacht kam es, als etwa 80 Polizisten ein Wohnviertel
nach Baumaterial für Bomben durchsuchen wollten. Mindestens zwei
Jugendliche zogen sich Brandverletzungen zu, die Polizisten erlitten
keinen Schaden. Mehrere Familien mussten vorübergehend in Sicherheit
gebracht werden, wie britische Medien am Dienstag berichteten.

Die Polizei hatte zuvor eine Bombe in einem parkenden Auto entdeckt,
die Ermittlungen zufolge eine ihrer Streifen treffen sollte. Hinter
dem geplanten Anschlag steckt demnach die katholisch-republikanische
Splittergruppe «Neue IRA». Sie ist den Ermittlern zufolge auch für
einen kürzlich versuchten Anschlag mit einer Mörsergranate auf ein
Polizeirevier verantwortlich. Gefunden wurde sie auf einer Mauer nahe
der Polizeidienststelle. Sie konnte entschärft werden. Ähnliche
Vorfälle hatte es in den vergangenen Monaten mehrfach gegeben.

Es wird befürchtet, dass der am 31. Oktober geplante Brexit den alten
Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands
und protestantischen Loyalisten wieder schürt. Die irische Grenzfrage
gehört zu den umstrittensten Punkten beim EU-Austritt. Brüssel und
Dublin fordern eine Garantie, dass keine Kontrollposten an der Grenze
errichtet werden müssen, weil eine neue Teilung der Insel politische
Unruhen auslösen könnte. Zurzeit ist die Grenze im grünen Hügelland

fast unsichtbar; sie kann problemlos passiert werden.

Bis eine andere Lösung gefunden wird, sollen für Nordirland weiter
einige EU-Regeln gelten und Großbritannien in der EU-Zollunion
bleiben. Diese Backstop genannte Lösung trifft aber auf heftigen
Widerstand der britischen Regierung unter Premierminister Boris
Johnson. Brexit-Hardliner fürchten eine zu starke Bindung an die
Staatengemeinschaft. Bei einem Besuch am Montag in Dublin versicherte
Johnson zwar, dass eine harte Grenze in der Region vermieden werden
soll - wie das umgesetzt werden könnte, verriet er allerdings nicht.