Venezuelas Opposition zerbricht im Streit über Dialog mit Regierung

17.09.2019 14:43

Im Machtkampf mit Maduro hat der selbst ernannte Interimspräsident
Guaidó die traditionell zerstrittenen Regierungsgegner vereint. Weil
er aber keine Erfolge vorweisen kann, gärt es in der Opposition.
Jetzt geht ein erster Riss durch die Reihen.

Caracas (dpa) - Im seit Monaten andauernden Machtkampf in Venezuela
sind Oppositionschef Juan Guaidó die ersten Gefolgsleute von der
Fahne gegangen. Eine kleine Gruppe oppositioneller Abgeordnete
erklärte sich dazu bereit, wieder Verhandlungen mit der Regierung des
sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro aufzunehmen. Guaidó hatte

neuen Gesprächen zuvor eine Absage erteilt. Damit verweigerte
erstmals ein Teil der Regierungsgegner dem selbst ernannten
Interimspräsidenten Guaidó die Gefolgschaft.

Vertreter kleiner Oppositionsparteien unterzeichneten am Montag im
Außenministerium ein Abkommen mit der Regierung. «Es beginnt die
Nationale Verhandlungsrunde für Venezuela», sagte der Abgeordnete
Timoteo Zambrano. «Die Freiheit aller und der Frieden sind die
obersten Ziele. Wir sind gegen den Hass und die Wut aufgestanden.»

Über Monate hinweg war es Guaidó gelungen, die traditionell
zerstrittene Opposition auf Linie zu halten. Allerdings konnte er im
Machtkampf mit Maduro zuletzt kaum Erfolge erzielen. Das dürfte viele
Regierungsgegner frustriert haben. Zwar unterzeichneten nur fünf
Abgeordnete das Abkommen mit der Regierung, doch die Geschlossenheit
der Opposition ist damit dahin.

Staatschef Maduro feierte die Einigung. «Das ist ein Schritt in
Richtung Zusammenleben und Frieden. Die Türen des Dialogs bleiben
offen», schrieb er auf Twitter. Die Regierung kündigte ihrerseits die
Rückkehr der Abgeordneten der sozialistischen Regierungspartei PSUV
in das von der Opposition kontrollierte Parlament an. Zudem solle
bald ein neuer Wahlrat ernannt werden. «Alle politischen Parteien,
die möchten, können an den Verhandlungen teilnehmen», sagte
Informationsminister Jorge Rodríguez.

Der größte Teil der Regierungsgegner lehnte neue Gespräche allerdings

ab und kritisierte die Oppositionellen, die sich auf die
Verhandlungen einlassen wollen. «Dieses Abkommen wird von den
demokratischen Kräften und dem ganzen Land abgelehnt, weil es nur
dafür sorgt, dass Maduro im Präsidentenpalast Miraflores bleibt»,
sagte der Abgeordnete Carlos Berrizbeitia.

Auch die Europäische Union äußerte sich kritisch zu dem Bruch in der

Opposition. «Die Europäische Union glaubt weiterhin, dass eine
politisch ausgehandelte Lösung der einzige friedliche Weg aus der
Krise in Venezuela ist», sagte ein EU-Sprecher am Dienstag. «Um
erfolgreich zu sein, muss jeder Verhandlungsprozess allerdings den
nötigen politischen Rückhalt haben, die Unterstützung der
Nationalversammlung und das klare Ziel, zu einer glaubwürdigen
Präsidentenwahl zu führen.»

Guaidó hatte die Verhandlungen mit der Regierung von Staatschef
Maduro zuvor für gescheitert erklärt. Auf Vermittlung der
norwegischen Regierung hatten die verfeindeten Lager auf Barbados
nach einem Ausweg aus der Krise in Venezuela gesucht. Die Opposition
hatte der Regierung nach eigenen Angaben folgendes Angebot gemacht:
Sowohl Maduro als auch Guaidó verzichten auf die Präsidentschaft, ein
Regierungsrat aus Mitgliedern der Regierung, der Opposition und der
Streitkräfte übernimmt die Amtsgeschäfte und es werden Neuwahlen
abgehalten. Der Vorschlag sei allerdings abgelehnt worden.

Die Regierung und die Opposition in Venezuela liefern sich seit
Anfang des Jahres einen erbitterten Machtkampf. Viele Länder haben
Guaidó bereits als legitimen Übergangsstaatschef anerkannt, in
Venezuela selbst allerdings sitzt Maduro weiter fest im Sattel. Das
einst reiche Land steckt zudem in einer schweren Wirtschaftskrise.
Millionen Menschen haben Venezuela bereits verlassen.