Seehofer stößt mit Seenotrettungs-Vorstoß unionsintern auf Widerstand

18.09.2019 15:10

Der Innenminister ist das ewige Gezerre um die Verteilung von
Bootsflüchtlingen in Europa leid. Deutschland könne vorerst ein
Viertel der Geretteten aufnehmen, die vor Italien ankommen, bietet er
an. In der Union hebt da so mancher die Augenbrauen.

Bad Staffelstein (dpa) - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
stößt mit seiner Ankündigung, ein Viertel der aus Seenot geretteten
Migranten aufzunehmen, auf Widerstand in der Union - auch in der CSU.
Der Thüringer CDU-Landtags-Spitzenkandidat Mike Mohring und Bayerns
CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer lehnten diese von Seehofer
vorgeschlagene Quote am Mittwoch klar ab. «Anreizsysteme durch
Zwischenlösungen, glaube ich, sind kein guter Weg», sagte Mohring.
«Das stärkt nur wieder die, die am rechten Rand stehen.» Und auch
Kreuzer warnte, man dürfe keine neuen «Aufnahmegarantien» geben.

Seehofer hatte zuletzt mitgeteilt, dass Deutschland bis auf Weiteres
ein Viertel der aus Seenot geretteten Migranten übernehmen wolle, die
vor Italien ankommen. Zuletzt hatten die Menschen teils wochenlang
auf Rettungsschiffen ausharren müssen, während EU-Staaten darüber
verhandelten, wer sie aufnehmen würde.

Am 23. September wollen Deutschland, Frankreich, Italien und Malta
bei einem Treffen mit dem EU-Ratsvorsitzenden Finnland eine Regelung
vereinbaren, die solche Verhandlungen überflüssig machen soll.
Seehofer legt laut Ministerium Wert darauf, «dass der sogenannte
Pull-Effekt vermieden wird», dass es also keine zusätzlichen Anreize
für Migranten geben soll, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Es
sollen Änderungen an der Regelung möglich sein, falls die Zahl der
Geretteten «erheblich ansteigt».

Mohring sagte zu Seehofers Vorstoß: «Ich glaube, es ist gut, wenn wir
in der Flüchtlingspolitik nicht jede Woche Maßstäbe neu verschieben.
»
Es sei Aufgabe der EU, für einen geordneten Mechanismus zu sorgen,
wie man mit aus Seenot geretteten Flüchtlingen auf dem Mittelmeer
umgeht. «Wir dürfen keine Anreize setzen, dass die Schlepperfunktion
sozusagen zur Dauereinrichtung wird. Und auch neue Provisorien bei
der EU mit Blick auf Verteilmechanismen werden am Ende nur
Dauereinrichtungen werden», warnte der Thüringer CDU-Chef.

Kreuzer sagte, er sei «immer dagegen, dass man von vornherein
irgendwelche Quoten festlegt». 2015/16 habe man gesehen, dass es
Folgen haben könne, wenn man falsche Anreize setze, «dass sich
nämlich Hunderttausende auf den Weg machen». «Deshalb bin ich der
Auffassung, dass wir hier nichts zusichern sollten», sagte Seehofers
Parteikollege. Man müsse weiter von Fall zu Fall entscheiden.

Die konservative CDU-Splittergruppe Werteunion kritisierte die Pläne
erneut. «Eine Umsetzung der Idee, ein Viertel der Bootsmigranten in
Deutschland aufzunehmen, ist das völlig falsche Signal, würde
zusätzliche Fehlanreize setzen und wieder zu mehr Toten im Mittelmeer
führen», sagte der Vorsitzende Alexander Mitsch. Die Gruppierung
wolle beim kommenden CDU-Parteitag im November einen entsprechenden
Antrag einbringen.