Österreichische Parlamentarier stimmen gegen EU-Mercosur-Abkommen

19.09.2019 13:43

Das EU-Mercosur-Abkommen steht unter keinem guten Stern, obwohl der
Vertragstext noch gar nicht fertig ist. Nun gibt es aus dem
österreichischen Parlament ein Votum gegen das Abkommen - und das
wenige Tage vor der dortigen Parlamentswahl.

Wien/Brüssel (dpa) - Gegen das geplante Handelsabkommen der EU mit
den südamerikanischen Mercosur-Staaten kommt nun auch Widerstand aus
Österreich. Nach viel Kritik etwa aus Frankreich und Irland votierten
die zuständigen Abgeordneten des Parlaments in Wien gegen das
Abkommen. Die zuständigen österreichischen Minister werden damit dazu

aufgefordert, den Handelsdeal auf EU-Ebene abzulehnen.

Das Votum des EU-Unterausschusses des Nationalrats hat nach Angaben
eines Parlamentssprechers bindende Wirkung. Österreich könnte so im
Alleingang das Abkommen verhindern. Der EU-Ministerrat müsste den
Handelspakt einstimmig annehmen.

Die Entscheidung fiel mitten im Wahlkampf in Österreich. Überraschend
stimmten auch die Abgeordneten der ÖVP dem Antrag zu, lediglich die
liberalen Neos votierten dagegen. Nach dem Bruch der
rechtskonservativen Regierung von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
wird in Österreich am 29. September ein neues Parlament gewählt.
Derzeit regiert in Wien ein Expertenkabinett, das das Land in erster
Linie verwaltet.

Die für die EU-Handelspolitik zuständige EU-Kommission wies am
Donnerstag darauf hin, dass bislang noch nicht einmal der finale Text
für das Abkommen vorliegt. Das Abstimmungsergebnis selbst wollte sie
nicht kommentieren. «Die Kommission äußert sich nie zu politischen
Debatten in nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten», sagte eine
Sprecherin.

Mit dem Ende Juni vereinbarten Mercosur-Abkommen wollen die
Europäische Union und vier südamerikanische Länder die größte
Freihandelszone der Welt aufbauen. Das soll Unternehmen in der EU
jährlich vier Milliarden Euro an Zöllen ersparen und die Exporte
ankurbeln. Der Deal muss allerdings von den nationalen Parlamenten
der Mitgliedsstaaten gebilligt werden. Bislang gibt es lediglich eine
politische Grundsatzvereinbarung.

Wegen der Brände im Amazonas und der Politik des brasilianischen
Präsidenten Jair Bolsonaro hatten unter anderem SPD-und
Grünen-Politiker auch in Deutschland den Stopp des Abkommens
gefordert. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hatte allerdings
dafür plädiert, an dem neuen Freihandelsabkommen festzuhalten.

Beim G7-Gipfel in Biarritz Ende August drohten Frankreich und Irland
angesichts der Brände mit einem Veto, sollte Brasilien sich nicht zu
einem stärkeren Schutz des Waldes bekennen. Auch Luxemburg erklärte
laut «Spiegel», «die Prozedur auf Eis zu legen».

Zum Mercosur gehören Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.
Die Verhandlungen liefen bereits seit dem Jahr 2000. Der Staatenbund
Mercosur ist mit einer Bevölkerung von mehr als 260 Millionen
Menschen einer der großen Wirtschaftsräume der Welt. Die EU kommt
sogar auf mehr als 512 Millionen Einwohner.

Im österreichischen Nationalrat stimmten dem SPÖ-Antrag auf Ablehnung
alle Parteien außer die Neos zu. Etwas überraschend war die
Zustimmung der ÖVP von Parteichef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Die
frühere ÖVP-Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger zeigte sich

sehr erfreut darüber, dass dem Abkommen ein Riegel vorgeschoben
wurde. «In Südamerika werden Regenwälder niedergebrannt, um
Weideflächen zu schaffen, damit dann billiges Rindfleisch nach Europa
geschickt werden soll. Das lehnen wir aus tiefer Überzeugung ab, das
kann und darf die EU nicht mit einem Handelsabkommen belohnen», sagte
Köstinger laut einer Mitteilung.

Die EU-Kommission hält solche Kritik für ungerechtfertigt. Sie
verweist darauf, dass die geplante Vereinbarung die Vertragsparteien
verpflichten würde, Umweltstandards und das Pariser Klimaabkommens
von 2015 einzuhalten.

Nach der Parlamentswahl am 29. September könnte der neu
zusammengesetzte Nationalrat das Votum von Mittwochabend auch wieder
kippen. Aufgrund des breiten Schulterschlusses von vier Parteien
sowie der Zustimmung der ÖVP, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die
Wahl deutlich gewinnen wird, ist davon aber nicht unbedingt
auszugehen. ÖVP-Chef Kurz äußerte sich zunächst nicht zum
Abstimmungsergebnis im Parlament.