Russland und Ukraine bei Gasvertrag noch nicht einig

19.09.2019 18:44

Wenn der Gastransit durch die Ukraine stockt, kann theoretisch auch
in Westeuropa mal die Heizung kalt bleiben. Deshalb vermittelt die EU
zwischen Russland und der Ukraine. Es gibt noch viele offene Fragen.

Brüssel (dpa) - Die Zukunft russischer Gaslieferungen durch und an
die Ukraine ab 2020 bleibt vorerst ungeklärt. Gespräche beider Länder

unter Vermittlung der EU-Kommission brachten am Donnerstag noch
keinen Durchbruch. EU-Kommissionsvize Maros Sefcovic äußerte sich
aber optimistisch, dass ein neuer Vertrag beider Seiten bis
Jahresende möglich sei. So oder so bräuchten sich Verbraucher in
Westeuropa vor dem Winter keine Sorgen machen: Die Gaslager seien
voll, sagte Sefcovic.

Es geht um die Durchleitung russischen Erdgases durch ukrainische
Pipelines Richtung Westeuropa, aber auch um Gas, das für die Ukraine
selbst bestimmt ist. Die bisherigen Verträge laufen Ende des Jahres
aus. Die EU-Kommission hatte Vertreter beider Länder jetzt schon zum
dritten Mal eingeladen. Deren Beziehungen sind wegen des Kriegs in
der Ostukraine gespannt. Die Konditionen für Gaslieferungen und
-durchleitungen waren aber auch in der Vergangenheit immer wieder
Streitpunkt, teils gab es Lieferstopps.

Sefcovic betonte nach dem jetzigen Gespräch die konstruktive
Atmosphäre und sagte: «Wir haben alle nötigen Voraussetzungen, um
alles bis zum Jahresende geklärt zu haben.» Er lobte die Entscheidung
der Ukraine, beim Energieversorger Naftogaz die Zuständigkeit für das
Netz in eine eigene Einheit abzuspalten. Das sei für den russischen
Anbieter Gazprom sehr wichtig. Zudem sei man sich einig, den
künftigen Vertrag nach EU-Regeln zu schließen, was gleichzeitig
Rechtssicherheit für die Lieferung in die EU biete.

Entscheidende Fragen wie Liefervolumen und Preise sind aber nach
Sefcovics Worten noch offen. Die Entscheidung, wie viel Gas die
Ukraine künftig von Russland beziehe, beeinflusse auch Preise für die
Durchleitung. Im Interesse der europäischen Verbraucher sei ein
«guter Preis» und nicht zu hohe Transitgebühren, sagte der
Kommissionsvize.

Der russische Energieminister Alexander Nowak nannte die Gespräche
ebenfalls konstruktiv. Russland sei gegebenenfalls bereit, vorerst
weiter nach dem alten Vertrag mit der Ukraine zusammenzuarbeiten,
wenn es das Land es nicht schaffe, sein Gastransitsystem einem
unabhängigen Betreiber zu überlassen. Konkrete Lieferumfänge seien
nicht diskutiert worden, sagte er.

In einem Monat sollten die Gespräche fortgesetzt werden. «Ich bin
überzeugt, dass wir alle Entscheidungen treffen werden, damit die
Lieferungen vom 1. Januar an nicht unterbrochen werden», sagte Nowak
der Agentur Interfax zufolge nach den Gesprächen. Das bisherige
Abkommen wurde 2009 ebenfalls nach zähen Verhandlungen geschlossen.

Hintergrund der jetzigen Verhandlungen ist auch der Bau der neuen
Ostseepipeline Nord Stream 2, die in den nächsten Monaten den Betrieb
aufnehmen könnte. Mit dieser neuen Leitung für russisches Gas nach
Westeuropa könnte die Bedeutung des Transits durch die Ukraine
abnehmen.