Migrant in Libyen vor Augen von UN-Helfern erschossen

20.09.2019 13:44

Genf (dpa) - Vor den Augen von UN-Helfern ist in Libyen ein Migrant
aus dem Sudan erschossen worden. Die UN-Organisation für Migration
(IOM) und das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) verurteilten
den Vorfall am Freitag in Genf scharf. Es sei ein neuer Beweis dafür,

dass das Bürgerkriegsland Libyen kein sicheres Land sei und Migranten
unter keinen Umständen dorthin zurückgebracht werden dürften, sagte
UNHCR-Sprecher Charlie Yaxley in Genf. Eine solche Tragödie sei nur
eine Frage der Zeit gewesen, sagte IOM-Sprecher Leonard Doyle.

Der Mann sei in einer Gruppe von 103 Menschen gewesen, die die
Küstenwache bei der versuchten Flucht Richtung Europa abgefangen und
nach Libyen zurückgebracht hatte, berichtete eine IOM-Sprecherin. Die
Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, hätten sich gewehrt, weil
sie in ein Internierungslager gebracht werden sollten. IOM-Helfer
waren vor Ort. Wer bei dem Vorfall auf dem Militärgelände Abusitta
geschossen habe, sei unklar, sagte die Sprecherin.

Menschenrechtler kritisieren die EU, weil sie die libysche
Küstenwache unterstützt, Migranten abzufangen und zurück an Land zu
bringen. In den libyschen Internierungslagern herrschen nach Angaben
von UN-Organisationen unmenschliche Zustände. Die Menschen seien
eingepfercht, würden kaum versorgt und Gewalt sei an der
Tagesordnung. Vor zwei Monaten waren 53 Migranten bei einem
Luftangriff auf ein Internierungslager in Tadschura im Osten der
Hauptstadt Tripolis umgekommen.

Die EU zeigte sich bestürzt über den aktuellen Vorfall, wies aber
jegliche Verantwortung zurück. Das Ziel der Unterstützung der
libyschen Küstenwache sei es, diese so auszubilden, dass sie Menschen
vor dem Ertrinken retten könne, erklärte die Sprecherin der
EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Freitag in Brüssel. Ein
wichtiger Teil des Trainings seien Menschenrechte.

Sie betonte zudem, dass sich auch die EU für die sofortige Schließung
der Internierungslager einsetze. Diese müssten durch
Aufnahmeeinrichtungen nach internationalen Standards ersetzt werden.
«Das Ziel ist es, Schutz zu gewährleisten und gefährdeten Migranten
und Flüchtlingen zu helfen», sagte Sprecherin Maja Kocijancic.