Zölle auf Wein und Käse: USA drohen Frankreich wegen Digitalsteuer Von Jürgen Bätz und Julia Naue, dpa

03.12.2019 14:23

Amerikanische Internetriesen machen in Frankreich gute Geschäfte,
zahlen aber nur wenig Steuern. Das will die Regierung in Paris
ändern. Was wiederum die USA auf den Plan ruft.

Washington (dpa) - Im Streit zwischen den USA und Frankreich um die
französische Digitalsteuer droht eine Eskalation. Die US-Regierung
prüfe Strafzölle auf französische Produkte wie Champagner und Käse

wegen der Einführung der Steuer, hieß es in einem Bericht des
US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer. Die Steuer benachteilige
gezielt große amerikanische Internetunternehmen wie Amazon, Google
und Facebook. Frankreich will an der Steuer festhalten und drohte
seinerseits mit europäischer Vergeltung. Finanzminister Bruno Le
Maire nannte die Drohungen «inakzeptabel».

Die USA wollen Strafzölle von bis zu 100 Prozent auf französische
Importe im Wert von rund 2,4 Milliarden Dollar vorschlagen, hieß es
in Lighthizers Bericht weiter. Davon betroffen könnten demnach unter
anderem Champagner, bestimmte Käsesorten, Joghurt, Butter, einige
Kosmetikprodukte und Handtaschen sein. Über die tatsächliche
Verhängung der Zölle soll nach Anhörungen im Januar befunden werden.


US-Präsident Donald Trump bestätigte am Dienstag die Pläne und
erklärte, dass eine «sehr hohe Steuer auf Wein» und andere Waren
geplant sei. Die USA würden nicht zulassen, dass Frankreich
amerikanische Firmen besteuere, sagte Trump am Dienstag in London.
«Wenn irgendwer sie besteuert, dann sind wir das.»

Frankreich hatte im Sommer im Alleingang eine Digitalsteuer für
international tätige Internet-Unternehmen wie Google, Amazon,
Facebook und Apple eingeführt. Das Vorhaben war zuvor auf
europäischer Ebene gescheitert. Betroffen sind Konzerne, die mit
ihren digitalen Aktivitäten einen weltweiten Jahresumsatz von
mindestens 750 Millionen Euro und in Frankreich von mehr als 25
Millionen Euro erzielen. Viele der betroffenen Unternehmen haben
ihren Firmensitz in den USA.

Finanzminister Le Maire forderte Unterstützung von der Europäischen
Union in dem Streit: «Wenn die USA sich am Ende einer internationalen
Lösung verweigern und sich für neue Sanktionen gegen Frankreich
entscheiden (...), haben wir gar keine andere Wahl, als auf
europäischer Ebene zurückzuschlagen.» Die EU befindet sich bereits in

einem Zollstreit mit den USA. Grund sind illegale Staatshilfen für
die beiden Flugzeugbauer Airbus und Boeing.

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, die EU werde geschlossen
agieren und reagieren. Die Behörde sei im engen Kontakt mit den
französischen Behörden. Es gebe nun verschiedene Optionen,
einschließlich eines Streitbeilegungsverfahrens bei der
Welthandelsorganisation (WTO). Die EU werde nun versuchen,
unverzüglich Gespräche mit den USA aufzunehmen, um eine
einvernehmliche Lösung zu finden.

Die «heutige Entscheidung ist ein klares Signal, dass die Vereinigten
Staaten gegen Digitalsteuern vorgehen werden, die US-Firmen
diskriminieren oder anderweitig unzulässig belasten», erklärte der
Handelsbeauftragte Lighthizer hingegen. Ähnliche Steuerinitiativen
von Österreich, Italien und der Türkei könnten auch einer formellen
Prüfung unterzogen werden, warnte er. Die US-Regierung werde sich
gegen den «zunehmenden Protektionismus» aus Europa wehren.

Das Büro des Handelsbeauftragten argumentierte, die französische
Digitalsteuer verstoße aus mehreren Gründen gegen geltende
Besteuerungsgrundsätze. Die Steuer diskriminiere US-Unternehmen,
ziele auf Umsätze und nicht Gewinne ab und werde unabhängig von einer
physischen Präsenz in Frankreich erhoben, hieß es in dem Bericht.
Frankreichs Finanzminister widersprach: Die Steuer richte sich zwar
an amerikanische Unternehmen, aber genauso auch an chinesische oder
europäische. «Das ist nicht das Verhalten, das von den USA gegenüber

einem ihrer wichtigsten Verbündeten, Frankreich und generell Europa,
erwartet wird.»

Es ist nicht das erste Mal, dass der Streit über die Digitalsteuer
zwischen den USA und Frankreich zu eskalieren droht. Die US-Regierung
hatte bereits nach der Verabschiedung des Steuergesetzes eine Prüfung
der Auswirkungen auf den US-Handel angekündigt und Frankreich unter
Druck gesetzt. Präsident Trump drohte unter anderem mit Strafzöllen
auf französische Produkte wie Wein.

Während des G7-Gipfels im südfranzösischen Biarritz standen die
Zeichen dann auf Entspannung. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
hatte bekanntgegeben, dass er und Trump ein Abkommen erzielt hätten,
das einen Konflikt zwischen beiden Ländern verhindern soll.

Man hatte sich darauf verständigt, bis Januar 2020 auf Ebene der
Industrieländer-Organisation OECD ein globales Regelwerk zu
vereinbaren. Es soll klären, in welchen Ländern digitale Unternehmen
Steuern zahlen müssen. Die OECD hatte im Oktober einen Vorschlag
vorgelegt. Trump hatte Macron damals bei der Pressekonferenz nicht
widersprochen, sich aber auch nicht konkret dazu geäußert.

Frankreich hatte bereits im Sommer erklärt, die nationale
Digitalsteuer abzuschaffen, sobald es eine internationale Lösung
gebe. Bis dahin zu viel gezahlte Steuern würden zurückgezahlt.
Finanzminister Le Maire äußerte sein Unverständnis darüber, dass di
e
USA dieser Einigung nun wohl den Rücken kehren wollen.

Der Linke-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi forderte
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz
(SPD) auf, endlich selbst tätig zu werden. «Die Weigerung der
Bundesregierung, eine europäische Lösung für die Besteuerung
digitaler Konzerne zu unterstützen, erlaubt es, Frankreich zu
isolieren», kritisierte er. «Angela und Olaf verstecken sich, während

Emmanuel auf dem Pausenhof eine Abreibung von Donald droht.»