Sauberes Heizen, grüne Städte: Timmermans skizziert «Green Deal»

05.12.2019 12:46

Die EU-Kommission arbeitet mit Hochdruck am angekündigten Programm
für ein klimaneutrales Europa bis 2050. Wie soll das gehen? Der
zuständige Vizepräsident nennt erste Beispiele.

Brüssel (dpa) - Mit dem «Green Deal» für ein klimaneutrales Europa

rollen auf die Bürger massive Veränderungen zu. Der zuständige
Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, nannte am
Donnerstag in Brüssel erste Beispiele, darunter Müllvermeidung, den
Umbau des Nahverkehrs, neue Hilfen zur Modernisierung von Häusern und
Heizungen und ein massives Programm zur Aufforstung und zur Begrünung
von Städten. Den gesamten Fahrplan für den «Green Deal» will
Timmermans nächsten Mittwoch vorstellen.

Gemeint ist der Umbau zu einem «klimaneutralen» Europa bis 2050. Das
bedeutet, dass dann keine neuen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre
gelangen, sondern entweder vermieden oder gespeichert werden, zum
Beispiel in Wäldern. Dazu müssen nicht nur die Produktion von Gütern

und die Energieversorgung, sondern auch der Verkehr, das Heizen und
Kühlen sowie die Landwirtschaft komplett umgebaut werden.

Nach Timmermans' Worten soll beim EU-Gipfel kommende Woche ein neuer
Versuch unternommen werden, alle EU-Staaten auf das Ziel der
Klimaneutralität bis 2050 zu verpflichten. Im Sommer hatten sich noch
vier der 28 Länder quergestellt. Vom Zieldatum 2050 könne man dann
rückwärts rechnen und die Maßnahmen beschließen, die auf dem Weg
nötig sind, sagte Timmermans. «Wenn wir die Gesetze binnen fünf
Jahren fertig bekommen, haben wir noch 25 Jahre für die Umsetzung.»

Tatenlosigkeit sei hingegen keine Option, sagte Timmermans weiter.
Wäre ein Komet auf Kollisionskurs mit der Erde und Wissenschaftler
würden vor einem Einschlag in 30 Jahren warnen, würde auch gehandelt,
sagte er. Ähnlich sei es mit der Klimakrise.

In einer Rede vor Vertretern der europäischen Städte und Regionen
nannte Timmermans einige Beispiele, wie der «Green Deal» den Alltag
umkrempeln wird. Wichtig sei, alle mitzunehmen und zu vermeiden, dass
es bei dem Prozess einige wenige große Gewinner und viele Verlierer
gebe. So könnten sich viele Menschen 15 000 oder 20 000 Euro für ei
ne
neue Heizung oder bessere Isolierung nicht leisten. Für sie könnte
ein Vertragspartner den Umbau übernehmen, den Hausbesitzer dann über
Jahre abbezahlen. «Wir müssen das organisieren», sagte Timmermans.

Das geplante «massive, massive Programm zur Wiederaufforstung»
betreffe nicht nur die Wälder, die bereits heute unter dem
Klimawandel litten. Es gehe auch um Grünflächen in den Städten, die
einerseits für bessere Luft sorgen sollten, andererseits aber auch
Kühle im Sommer brächten, gerade im Süden Europas.

Ein Arbeitspapier der EU-Kommission zum «Green Deal» war vorige Woche
bekannt geworden. Es umfasst in erster Linie Überschriften und Daten
für ein Gesetzgebungsprogramm. So will die EU-Kommission bereits bis
März 2020 ein Klimagesetz vorlegen, mit dem das Ziel der
Klimaneutralität bis 2050 festgeschrieben wird.

Das zweite große Ziel des «Green Deal» ist kurzfristiger: bis 2030
sollen die europäischen Treibhausgase «in verantwortlicher Weise» um

50 bis 55 Prozent unter den Wert von 1990 gesenkt werden. Wie das
gehen soll, will die EU-Kommission bis Oktober 2020 in einem
umfassenden Plan darlegen.

Bereits bis März 2020 soll eine neue Industriestrategie vorliegen,
ebenfalls bis März zudem ein neuer «Aktionsplan» für die
Kreislaufwirtschaft. Die Initiative für eine neue «Renovierungswelle»

soll in der ersten Hälfte 2021 folgen.

Die Kommission will dem Arbeitspapier zufolge unter anderem
vorschlagen, die Schifffahrt in den europäischen Emissionshandel
einzubeziehen und kostenlose Verschmutzungszertifikate für
Fluggesellschaften zu reduzieren. Zudem will sie neue Vorschläge
machen, um klimaschädlichen Straßenverkehr teurer zu machen. Dabei
soll geprüft werden, ob auch Straßentransport in den Emissionshandel
aufgenommen werden kann.