Polens Oberstes Gericht: Disziplinarkammer ist rechtswidrig

05.12.2019 12:52

Warschau (dpa) - Im Streit um die Justizreformen in Polen hat das
Oberste Gericht des Landes die neu geschaffene Disziplinarkammer für
nicht rechtens erklärt. Die Kammer erfülle nicht die Anforderungen
des europäischen und damit auch nicht die des polnischen Rechts, hieß
es in der Begründung am Donnerstag.

Die nationalkonservative PiS-Regierung in Warschau erweiterte aus
Sicht von Kritikern in den vergangenen Jahren systematisch die
Möglichkeiten zu politischem Einfluss auf das Justizsystem.

Erst im November hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die
Angelegenheit zurück an das Oberste Gericht in Polen verwiesen. Das
Oberste Gericht hatte seinerzeit den EuGH eingeschaltet, da es
Zweifel an der Unabhängigkeit der Disziplinarkammer hatte.

Die Disziplinarkammer ist ein Schlüsselelement der von der PiS
initiierten Justizreformen. Die neue Kammer wurde bislang mit zehn
Mitgliedern besetzt; die meisten sind Staatsanwälte aus der Umgebung
von Justizminister Zbigniew Ziobro und andere PiS-nahe Juristen. Die
Disziplinarkammer kann jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen.

Ernannt werden die Mitglieder der Disziplinarkammer vom Präsidenten
der Republik, ausgewählt vom Landesjustizrat. Dieser soll eigentlich
die Unabhängigkeit der Richter garantieren. Früher hatten in ihm
Richter die Mehrheit, die von anderen Richtern gewählt wurden. Doch
seit der PiS-Justizreform Ende 2017 werden die Mitglieder des
Landesjustizrats vom Parlament gewählt.

Das Oberste Gericht argumentierte nun, der Landesjustizrat sei nicht
ausreichend unabhängig von Parlament und Regierung. Daher sei auch
die Disziplinarkammer nicht als unabhängiges Organ der Justiz
anzusehen.