Klimagipfel geht in die entscheidende Phase - Blicke auf EU gerichtet

07.12.2019 14:59

Appelle, Proteste und Hiobsbotschaften gab es in der ersten Woche des
Madrider Klimagipfels genug. Aber werden die Verantwortlichen jetzt
auch konkrete Maßnahmen beschließen? Die Blicke richten sich speziell
auf die EU. Derweil gibt es neuen Alarm für die Ozeane.

Madrid (dpa) - Bei der Weltklimakonferenz in Madrid starten in der
kommenden Woche die entscheidenden Gespräche auf Ministerebene. Dazu
wird auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) in die
spanische Hauptstadt reisen. Die Politiker wollen unter anderem über
ehrgeizigere Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung beraten. Auch der
Handel mit Emissionen und die Unterstützung für vom Klimawandel
besonders hart getroffene Staaten stehen auf der Agenda. Ob konkrete
Maßnahmen beschlossen werden, war aber weiter fraglich.

Speziell arme Länder, die am wenigsten zur Krise beitragen, leiden
unter den Folgen von Dürren und Wetterkatastrophen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte am Samstag bei
einem Besuch bei der Afrikanischen Union in der äthiopischen
Hauptstadt Addis Abeba, beim Thema Klimaschutz habe gerade Afrika
ganz eigene Erfahrungen mit wachsenden Wüsten, häufigeren
Überschwemmungen und heftigeren Stürmen.

Am Freitagabend hatten zahlreiche Demonstranten aus aller Welt bei
einem großen Klimamarsch in Madrid gemeinsam mit der schwedischen
Klimaaktivistin Greta Thunberg und dem spanischen Filmstar Javier
Bardem zum Handeln gedrängt. Bei der Schätzung der Teilnehmerzahl gab
es allerdings eine große Diskrepanz: Während die Organisatoren von
einer halben Million Teilnehmern sprachen, bezifferte die
Nationalpolizei die Zahl auf nur 15 000. Eine Erklärung für diese
Kluft gab es zunächst nicht. Medien schrieben, auf der fünf Kilometer
langen Strecke habe es laut Luftaufnahmen auch teilweise
Unterbrechungen des Menschenzuges und leere Stellen gegeben, so dass
die genaue Teilnehmerzahl schwer zu schätzen sei.

Bardem («Eat, Pray, Love») rügte bei der Abschlusskundgebung explizit

US-Präsident Donald Trump für dessen Ankündigung, aus dem Pariser
Klimaabkommen auszusteigen. «Die Entscheidungen, die in diesen Tagen
getroffen werden, werden die Zukunft aller und auch die Eurer Söhne,
Töchter und Enkelkinder und die des gesamten Planeten betreffen. Wir
brauchen Verpflichtungen», betonte Bardem und fügte hinzu: «Das ist
jetzt eine persönliche Sache, aber dann ist da dieser dumme Trump,
der aus den globalen Vereinbarungen aussteigt.»

Auch Thunberg appellierte an die Politiker, beim Klimagipfel konkrete
Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung zu formulieren. Am Samstag
twitterte sie: «500 000 Menschen sind gestern Abend durch Madrid
gezogen. Das ist der Beginn der Veränderung! Die Welt wacht langsam
auf, was die Klima- und Umweltkrise betrifft, und bald kommen die
Mächtigen nicht mehr damit durch, die Wissenschaft zu ignorieren.»

Bei der zweiwöchigen Weltklimakonferenz, die ursprünglich in Santiago
de Chile stattfinden sollte und wegen der dortigen Unruhen
kurzfristig nach Madrid verlegt wurde, ist nun Halbzeit. Die Blicke
richten sich bei den Verhandlungen auch auf die EU. Von der Leyen
hatte zum Auftakt des zweiwöchigen Gipfels am vergangenen Montag
einen «European Green Deal» angekündigt. Ziel sei es, Emissionen zu
senken, Jobs zu schaffen und die Lebensqualität zu erhöhen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte am Samstag, in der
Europäischen Union müssten nun alle an einem Strang ziehen, wenn der
Kontinent im Klimaschutz eine Vorreiterrolle übernehmen solle.
Deutschland wolle dazu beitragen, dass Europa der erste klimaneutrale
Kontinent werde, sagte die CDU-Politikerin in ihrem am Samstag
veröffentlichten wöchentlichen Podcast.

Dänemarks sozialdemokratische Minderheitsregierung und sieben weitere
Parteien kündigten derweil an, sich auf verbindliche Ziele zur
Reduzierung klimaschädlicher Gase geeinigt zu haben. Mit einem
entsprechenden Gesetz wolle das 5,6 Millionen Einwohner zählende Land
bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral sein. Auf dem Weg dahin will
Dänemark zunächst bis 2030 seine klimaschädlichen Emissionen um 70
Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren.

Derweil reißen die Hiobsbotschaften zur Lage des Planeten nicht ab.
Der sinkende Sauerstoffgehalt in den Ozeanen werde zu einer
wachsenden Bedrohung für die Fischbestände, hieß es in einem neuen
Bericht der Weltnaturschutzunion (IUCN), der am Samstag in Madrid
vorgestellt wurde. Betroffen seien etwa 700 Meeresregionen in aller
Welt. Der Sauerstoffverlust werde nicht nur durch die Klimaerwärmung,
sondern auch durch die Verschmutzung der Gewässer und ein daraus
resultierendes Algenwachstum ausgelöst, warnten die Experten.