EU-Kommission strebt faire Mindestlöhne in Europa an

14.01.2020 17:24

Straßburg (dpa) - Mehr Lohn für schlecht bezahlte Beschäftigte will
die Europäische Kommission in den kommenden Jahren erreichen. Die
Brüsseler Behörde startete dafür am Dienstag ein Verfahren, um mit
den Sozialpartnern über faire Mindestlöhne in Europa zu beraten. Man
strebe dabei keinen einheitlichen europaweiten Mindestlohn an, sagte
Arbeitskommissar Nicolas Schmit. Länder, in denen ausschließlich die
Tarifpartner - Arbeitgeber und Gewerkschaften - die Löhne aushandeln,
könnten bei diesem System bleiben.

«Die Mindestlöhne garantieren nicht in allen Ländern ein würdiges
Leben», betonte Schmit zugleich. Das sollten sie jedoch tun. Jeder
sechste Arbeitnehmer in Europa bekommt der Kommission zufolge nur ein
geringes Einkommen, also weniger als zwei Drittel des mittleren
Einkommens im jeweiligen Mitgliedsstaat. Die Zahl der Arbeitnehmer
unter der Armutsgrenze sei auf 9,6 Prozent im Jahr 2018 gestiegen,
von 8,1 Prozent im Jahr 2005.

Sechs Mitgliedsstaaten haben dem Kommissar zufolge derzeit keine
gesetzliche festgelegten Mindestlöhne - dies seien meist Länder wie
Schweden und Dänemark mit einem höheren Lohnniveau. Wenn die Gehälter

in einem EU-Staat ausschließlich von den Tarifpartnern ausgehandelt
würden, müssten diese Länder nach den Vorstellungen der Kommission
auch keine Mindestlöhne einführen.

In den kommenden sechs Wochen will die Kommission Schmit zufolge mit
den Sozialpartnern über das in Straßburg vorgelegte «Konzept für
einen Vorschlag» beraten. Im Sommer wolle sie dann einen
ausformulierten Gesetzesvorschlag vorlegen. Die Initiative für faire
Mindestlöhne werde damit der erste Schritt, mit dem die Kommission
unter Ursula von der Leyen ein sozialeres Europa schaffen wolle.

Weitere Pläne der Kommission betreffen die Aus- und Weiterbildung der
Europäer. «120 Millionen Menschen müssen ausgebildet oder
fortgebildet werden», sagte Schmit. Zudem will die Kommission ihrer
Mitteilung zufolge gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorgehen sowie
eine gleiche Bezahlung von Frauen und Männern und die bessere
Vermittlung von Behinderten in Arbeitsverhältnisse erreichen.