Kramp-Karrenbauer: Deutschland nicht Teil der US-Kampagne gegen Iran

16.01.2020 19:48

Die Europäer erhöhen im Streit über das Atomabkommen den Druck auf
den Iran. Tun sie das, weil sie selbst von den USA unter Druck
gesetzt werden? Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat dazu
keine ganz klare Antwort parat.

London/Berlin (dpa) - Bundesverteidigungsministerin Annegret
Kramp-Karrenbauer (CDU) will trotz einer Verschärfung des EU-Kurses
gegenüber dem Iran nicht auf die ganz harte Linie der USA
einschwenken. Es sei Maßgabe der deutschen Politik, «dass wir
sozusagen im Verhältnis oder im Umgang mit dem Iran nicht Teil der
US-amerikanischen Kampagne des maximalen Drucks sind», sagte sie am
Donnerstag bei einem Besuch in London.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten vor wenigen Tagen
im Streit über das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen
Atombombe ein Schlichtungsverfahren eingeleitet und damit den Druck
auf den Iran erhöht. Der Iran hatte zuvor die Urananreicherung
hochgefahren und damit mehrfach gegen das Abkommen verstoßen. Die USA
waren 2018 einseitig aus dem Abkommen ausgestiegen und drängen die
Europäer, dies auch zu tun.

Nach einem Bericht der «Washington Post» hat die Regierung von
US-Präsident Donald Trump sogar mit Strafzöllen auf Autos aus der EU
von 25 Prozent gedroht, um Druck auf Berlin, London und Paris zu
machen, das Streitschlichtungsverfahren auszulösen. Der
US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, wies den Bericht über
Twitter allerdings als «Fake News» zurück.

Kramp-Karrenbauer antwortete in London auf die Frage, ob es eine
solche Drohung gegeben habe: «Das ist eine Diskussion oder eine
Drohung - wie Sie es so formulieren - die im Raum steht.» Ein
Sprecher des Verteidigungsministeriums verwies später darauf, dass
sich dieser Satz auf die Berichterstattung der «Washington Post»
beziehe und nicht als Bestätigung der Drohung zu verstehen sei.

Auf Antrag der Grünen findet an diesem Freitag eine Sondersitzung des
Auswärtigen Ausschusses des Bundestags zu dem Thema statt. «Es wäre
ein fatales Signal für die Souveränität der EU, wenn die
Mitgliedstaaten in ihrer Entscheidung, den
Streitschlichtungsmechanismus auszulösen, durch Trumps
Erpressungsversuch beeinflusst worden wären», erklärten die
Abgeordneten Jürgen Trittin, Omid Nouripour und Katharina Dröge.
«Nach der Entscheidung, den Mechanismus auszulösen, bleiben
erhebliche Zweifel über die Entscheidungsfindung bestehen.»

Strafzölle sind ein beliebtes Druckmittel der US-Regierung. Trump
droht seit Monaten damit, höhere Zölle auf Einfuhren von Autos aus
der EU zu erheben - eigentlich wegen einer angeblichen Bedrohung der
nationalen Sicherheit. Im November ließ er eine Frist für eine
Entscheidung darüber unkommentiert verstreichen. Strafzölle auf
Autoimporte aus der EU würden insbesondere deutsche Hersteller hart
treffen.

Kramp-Karrenbauer sagte in London außerdem, dass sie auch nach dem
Brexit eine enge Zusammenarbeit mit Großbritannien in
Verteidigungsfragen anstrebe. «Die Nato ist das große Bündnis, das
unsere Sicherheit mitgewährleistet», sagte die Ministerin bei einem
Treffen mit ihrem britischen Amtskollegen Ben Wallace. Es müssten nun
schnell Gespräche geführt werden, um Klarheit für die künftige
Zusammenarbeit zu bekommen. Großbritannien will in der Nacht zum 1.
Februar die Europäische Union verlassen. Danach sollen bis Ende des
Jahres die künftigen Beziehungen geklärt werden.