Bericht: Polen wollte eigenen Mann in Jourova-Kabinett installieren

17.01.2020 11:29

Prag (dpa) - Polens nationalkonservative Regierung soll einem Bericht
zufolge versucht haben, einen loyalen Mann im Kabinett von
EU-Vizepräsidentin Vera Jourova zu platzieren. Das berichtete der
tschechische öffentlich-rechtliche Rundfunk am Freitag unter Berufung
auf drei voneinander unabhängige Quellen. Pikant daran ist, dass
Jourova als EU-Kommissarin für Werte und Transparenz auch für die
laufenden Rechtsstaatsverfahren gegen Polen und Ungarn zuständig ist.

Tschechien, das Heimatland der EU-Vizepräsidentin, soll demnach als
Vermittler fungiert haben. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki
und sein tschechischer Kollege Andrej Babis hätten über den
Kandidaten direkt verhandelt. «Es handelte sich um einen Menschen,
der aus polnischer Sicht als zuverlässig und loyal gegenüber der
Partei Recht und Gerechtigkeit galt», zitierte der Sender einen der
Informanten. Seine Ernennung hätte indes die Glaubwürdigkeit Jourovas
gefährdet. Die Ex-Justizkommissarin habe das Ersuchen dann auch
abgelehnt.

Jourova bestritt den Vorgang. Sie habe keine derartige Intervention
seitens des tschechischen Ministerpräsidenten Babis verzeichnet,
sagte sie der Zeitung «Hospodarske noviny». Die 55-Jährige räumte
indes ein, mehrmals mit ihrem Parteichef über die Lage in Polen und
Ungarn gesprochen zu haben. «Das ging immer von mir aus, weil ich
weiß, wie wichtig und sensibel dieses Thema für die Visegrad-Staaten
ist», erläuterte sie. Der informellen Visegrad-Gruppe gehören neben
Polen und Ungarn auch Tschechien und die Slowakei an.