Borrell: Iran noch im Rahmen des Atomdeals

17.01.2020 12:53

Berlin (dpa) - Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sieht den Iran
bislang noch im Rahmen des Atomabkommens agieren. Dass sich das Land
nicht mehr an Vorgaben gebunden fühle, heiße «noch lange nicht, dass

Iran sie auch tatsächlich verletzt», sagte er dem «Spiegel»
(Freitag). «Wir vertrauen weiterhin auf die Überprüfung durch die
Inspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde in Iran.»

Das Atomabkommen soll dem Iran ein ziviles Atomprogramm ermöglichen,
aber eine atomare Bewaffnung unmöglich machen. Im Gegenzug sollten
Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden. Der Iran hoffte auch einen
Aufschwung, der jedoch nicht kam. US-Präsident Donald Trump ordnete
am 8. Mai 2018 einen einseitigen Ausstieg aus dem Abkommen an und
ließ den Iran wieder mit harten Sanktionen belegen.

Dennoch hielt sich der Iran ein weiteres Jahr an das Abkommen. Am 8.
Mai 2019 kündigte die Islamische Republik aber einen Teilausstieg an.
Zwei Monate später unterrichtete die Regierung in Teheran die
Internationale Atomenergiebehörde IAEO in Wien, dass der Iran die
vereinbarte Obergrenze für angereichertes Uran überschritten habe.

Die Europäer lösten kürzlich den Streitschlichtungsmechanismus des
Abkommens aus, der den Iran zu Verhandlungen zwingen soll. Dieser
Mechanismus sei «per se nicht ein Mechanismus, um Sanktionen
wiedereinzuführen», betonte der Chefdiplomat der Staatengemeinschaft.
«Ich lese die Entscheidung der Außenminister Großbritanniens,
Frankreichs und Deutschlands nicht als Vollzug der trumpschen
Forderung, das Abkommen zu beenden.»

Borrell hatte sich jüngst mit Irans Außenminister Mohammed Dschawad
Sarif getroffen und über das Abkommen gesprochen. Im «Spiegel»
betonte der EU-Außenbeauftragte: «Uns geht es nicht darum, die
iranische Regierung auszuwechseln.»