EU kürzt Beitrittshilfen für Türkei

18.01.2020 13:49

Die Türkei ist offiziell immer noch EU-Beitrittskandidat - doch
herrscht seit Jahren Entfremdung zwischen Brüssel und Ankara. Von den
üblichen Milliardenhilfen zur Heranführung an die Union fließt kaum
noch etwas.

Brüssel/Berlin (dpa) - Die EU hat die sogenannten Vorbeitrittshilfen
an die Türkei für 2020 drastisch gekürzt. Wie der EU-Außenbeauftrag
te
Josep Borrell dem EU-Parlament mitteilte, fließt dieses Jahr nur ein
Viertel der ursprünglich einmal vorgesehenen Summe. Gründe sind unter
anderem der Gasstreit mit Zypern im Mittelmeer und die türkische
Militäroffensive in Syrien. Über Borrells Mitteilung an das
EU-Parlament hatte zuerst die Funke Mediengruppe (Samstag) berichtet.

Mit Vorbeitrittshilfen will die EU Reformen der Beitrittskandidaten
unterstützen und ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Die
Beitrittsverhandlungen mit der Türkei liegen aber seit Jahren auf
Eis, unter anderem wegen Streits um die Rechtsstaatlichkeit.

Seit 2017 seien die damals anvisierten Beitrittshilfen um 1,2
Milliarden Euro zusammengestrichen worden, schrieb Borrell an das
Parlament. «Nach den unbefugten Bohrungen in territorialen Gewässern,
in der Ausschließlichen Wirtschaftszone und im Kontinentalschelf
Zyperns und nach der Militäroperation in Nordostsyrien hat die EU
einen weiteren Einschnitt in der Fördersumme für 2020 für die Türke
i
beschlossen, damit reduziert sich diese um 75 Prozent gegenüber der
ursprünglich anvisierten Zahlung.»

Borrell verwies auf Beschlüsse der EU-Außenminister und der
EU-Staats- und Regierungschefs vom Herbst 2019, mit denen die EU die
türkische Militäroperation in Nordsyrien verurteilt hatte. Im
November 2019 sei dann der Rahmen für Sanktionen wegen der türkischen
Bohrungen im östlichen Mittelmeer beschlossen worden.

Die Funke-Gruppe berichtete unter Berufung auf die EU-Kommission, die
Türkei erhalte dieses Jahr noch 168 Millionen Euro aus dem
sogenannten IPA-Programm zur Heranführung an die Union. 150 Millionen
Euro davon sollen in die Förderung von Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit fließen, 18 Millionen Euro in ein Programm zur
ländlichen Entwicklung fließen.

Von den Kürzungen unberührt bleiben die Zahlungen, die die EU im
Rahmen des Flüchtlingsabkommens an die Türkei leistet.