EU-Außenminister beraten über Waffenembargo gegen Libyen

17.02.2020 04:30

Vier Wochen ist es her, dass in Berlin weltweit gelobte Beschlüsse
zur Befriedung des Libyen-Konflikts getroffen wurden. Die Umsetzung
steht allerdings noch aus. Am Montag könnte es Fortschritte geben.

Brüssel (dpa) - Die EU-Außenminister beraten am Montag (9.30 Uhr)
über konkrete Möglichkeiten zur Überwachung des UN-Waffenembargos
gegen Libyen. Dabei stand zuletzt die auch eine Wiederbelebung einer
EU-Marinemission im Raum. Dies könnte jedoch am Widerstand weniger
Länder scheitern. Für Deutschland wird Außenminister Heiko Maas zu
dem Treffen in Brüssel erwartet (SPD).

Bereits am Vortag haben sich die Teilnehmerstaaten der Berliner
Libyen-Konferenz trotz massiver Verstöße gegen ihre Beschlüsse noch
einmal dazu bekannt, die Einmischung in den Konflikt beenden zu
wollen. Bei einem Außenministertreffen am Rande der Münchner
Sicherheitskonferenz bekräftigten die zwölf vertretenen Länder und
drei internationalen Organisationen vor allem das Ziel, das seit 2011
bestehende UN-Waffenembargo vollständig umzusetzen.

Bundesaußenminister Heiko Maas hält den eingeschlagenen Weg für den
einzig erfolgversprechenden, den Bürgerkrieg in Libyen zu beenden.
«Wir wissen, dass das keine einfache Aufgabe wird», sagte er. Der
SPD-Politiker verwies aber auch darauf, dass sich vor wenigen Tagen
der UN-Sicherheitsrat hinter die Beschlüsse gestellt habe. Die
Vereinten Nationen beklagen, dass mehrere Teilnehmerstaaten des
Libyen-Gipfels mit der Entsendung von Kämpfern und der Lieferung von
Waffen gegen das Gipfeldokument verstoßen haben.

In Berlin hatten sich auf deutsche Initiative hin 16 Staaten und
Organisationen darauf verständigt, die Einmischung in Libyen von
außen in den seit neun Jahren anhaltenden Bürgerkrieg zu beenden. In
Libyen war 2011 nach Sturz und Tötung des langjährigen Machthabers
Muammar al-Gaddafi ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Die Regierung von
Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch ist international anerkannt,
hält aber nur kleine Gebiete um die Hauptstadt Tripolis im Westen des
Landes. Gegen ihn kämpft General Chalifa Haftar mit Verbündeten, die
weite Teile des ölreichen Landes beherrschen. Libyen ist ein
wichtiges Transitland für Migranten auf dem Weg nach Europa.

Die Überwachung des Waffenembargos soll künftig von der EU übernommen

werden. Über das Wie gibt es allerdings Unstimmigkeiten. Österreich
lehnt die Wiederaufnahme einer Marinemission im Mittelmeer ab und
argumentiert, dadurch könnten sich mehr Migranten auf den Weg nach
Europa machen. Auch der Vorschlag des EU-Außenbeauftragten Josep
Borrell, die Schiffe abseits der Fluchtrouten einzusetzen, überzeugt
Österreich Brüsseler Diplomaten zufolge nicht. Ungarn hat demnach
ebenfalls Bedenken geäußert. Alternativ könnten sich die
Außenminister am Montag darauf verständigen, die Luft- und
Satellitenüberwachung zu verstärken.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg schlug nun vor, da
ss
europäische Grenzschützer die Durchsetzung des Waffenembargos «vor
Ort» unterstützen - also in Libyen. «Wir unterstützen den Vorschlag

des Europäischen Auswärtigen Dienstes, eine Ausweitung der
Luftraumüberwachung vorzunehmen», sagte Schallenberg der «Welt»
(Montag). Das könne allerdings nur ein erster Schritt sein.
«Vorbehaltlich der Zustimmung der Libyer könnten EU-Grenzbeamte die
Durchsetzung des Waffenembargos vor Ort unterstützen. Österreich wäre

bereit, sich dabei zu beteiligen», zitierte das Blatt den Minister.
Schallenberg argumentierte erneut gegen einen Marineeinsatz: «Es ist
ein Faktum, dass die Waffenlieferungen nach Libyen hauptsächlich über
dem Luft- und Landweg erfolgen.»

Borrell machte am Sonntag bei der Münchner Sicherheitskonferenz
deutlich, der Neustart einer Marinemission dürfe nicht am Widerstand
eines einzelnen Landes scheitern. Man könne in der EU nicht weiter
alle außenpolitischen Entscheidungen einstimmig treffen. Mit Blick
auf das EU-Außenministertreffen betonte er: Falls nur ein einziges
Land, das nicht mal eine Marine habe, gegen die Wiederaufnahme einer
Marinemission sei, könne man nicht sagen: ««Oh, es tut mir so leid.
Ich habe keine Einstimmigkeit.» (...) Das ist lächerlich.»

Neben der Libyenkrise soll es am Montag auch um die jüngsten
Entwicklungen im Nahen Osten gehen. Nachdem die USA Anfang des Jahres
gezielt den iranischen Top-General Ghassem Soleimani getötet hatten,
hatten die Spannungen in der Region stark zugenommen. Borrell reiste
zuletzt unter anderem in den Iran und in den Irak. Außerdem wollen
die Minister über die Lage in der umkämpften syrischen Provinz Idlib
sowie die Entwicklungen in der Sahelzone beraten, wo etliche
bewaffnete Gruppen aktiv sind.