Von der Leyen will Balkanstaaten «so eng wie möglich» an EU binden

17.02.2020 04:00

Die Regierungen in Skopje und Tirana möchten ihre Länder gerne in die
EU führen. Doch da heißt es mal Ja, mal Nein. Jetzt hofiert die EU
die Länder wieder. Doch in Nordmazedonien hat ein «Non» des
französischen Präsidenten schon politischen Schaden angerichtet.

Brüssel/Skopje (dpa) - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
möchte die Länder des Balkans möglichst eng an die Europäische Unio
n
binden. «Ich denke, es ist in unserem gemeinsamen geostrategischen
Interesse, den Westbalkan so nahe wie möglich an der Europäischen
Union zu haben», sagte von der Leyen am Sonntag in Brüssel vor einem
informellen EU-Westbalkan-Treffen. Der Begriff Westbalkan ist eine
künstliche Wortschöpfung der Europäischen Union.

Die EU habe die Methodik der Beitrittsverhandlungen geändert, um
beiderseits neues Vertrauen aufzubauen, erklärte die
Kommissionspräsidentin. Die neue Herangehensweise beschleunige
Strukturreformen und schaffe eine glaubwürdige Aussicht für die
Länder am Balkan, nach gewisser Zeit der EU beizutreten.

Die vor allem von Nordmazedonien und Albanien erhoffte Aufnahme von
Verhandlungen über den EU-Beitritt war im Vorjahr am Widerstand des
französischen Präsidenten Emmanuel Macron gescheitert. Er hatte
zunächst eine Reform des Aufnahmeverfahrens gefordert -
die EU-Kommission hatte dazu kürzlich einen Vorschlag vorgelegt.
Macron hat seine Position inzwischen geändert.

Dennoch löste die Haltung Macrons im Spätherbst eine Regierungskrise
in Skopje aus. Die Regierung des Sozialdemokraten Zoran Zaev trat
Anfang Januar zurück, das Land wird seitdem von einer
Übergangsregierung geführt. Zaev hatte den jahrelangen Streit mit dem
Nachbarn Griechenland um den Staatsnamen Mazedonien beendet und gegen
den Widerstand der Nationalisten die Umbenennung in Nordmazedonien
ermöglicht. Dadurch machte Athen den Weg frei für die Annäherung des

Nachbarn an EU und Nato.

Das Parlament in Skopje beschloss am Sonntagabend die Selbstauflösung
und machte damit den Weg für vorgezogene Wahlen am 12. April frei.
Bei einem Erfolg der Nationalisten droht neuer Streit mit Athen.

Der Von-der-Leyen-Stellvertreter und EU-Außenbeauftragte Josep
Borrell sagte auf die Frage, ob er den EU-Beitritt eines Landes aus
der Region vor dem Ende seiner Amtszeit in viereinhalb Jahren erleben
werde: «Ich hoffe es.» Man arbeite bei dem Treffen am Sonntag und
Montag daran, den Balkanländern beim nächsten EU-Gipfel eine
europäische Perspektive zu eröffnen.

Von der Leyen sagte, die Kommission wolle den Weg zu
Beitrittsverhandlungen der EU mit Nordmazedonien und Albanien frei
machen - möglichst vor dem Balkangipfel des kroatischen EU-Vorsitzes
Anfang Mai in Zagreb. Für den Gipfel selbst bereite die Kommission
ein Investitionspaket vor. Sie hoffe, dass die Mitgliedstaaten dem im
Rat zustimmen werden.