Kehrt «Sophia» zurück aufs Meer? EU ringt um Fortschritte für Libye n

17.02.2020 12:50

Ist die Europäische Union bald wieder mit einer Marinemission im
Mittelmeer unterwegs? Viele Länder glauben, dass dies bei der
Überwachung des Waffenembargos für Libyen helfen würde. Andere wollen

ihren Widerstand nicht aufgeben.

Brüssel (dpa) - Die EU-Außenminister haben um einen Kompromiss bei
der Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen gerungen. Dabei
appellierte Bundesaußenminister Heiko Maas an Österreich und andere
Staaten, Fortschritte nicht wegen migrationspolitischer Bedenken zu
blockieren.

«Diejenigen, die in erster Linie an Migrationsfragen denken, die
müssen wissen, dass man Migrationsprobleme auch nur lösen kann, wenn
Libyen kein Failed State (gescheiterter Staat) bleibt», sagte der
SPD-Politiker am Montag bei einem EU-Treffen mit seinen Amtskollegen
in Brüssel. Österreich hatte sich zuletzt gegen die Wiederaufnahme
des EU-Marineeinsatzes «Sophia» ausgesprochen.

In Libyen war 2011 nach Sturz und Tötung des Machthabers Muammar
al-Gaddafi ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Bei einem Gipfel vor vier
Wochen in Berlin hatten sich 16 Staaten und Organisationen darauf
verständigt, die Einmischung von außen in den seit neun Jahren
anhaltenden Konflikt zu beenden. Die Regierung von Ministerpräsident
Fajis al-Sarradsch ist international anerkannt, hält aber nur kleine
Gebiete um die Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes. Gegen ihn
kämpft General Chalifa Haftar mit Verbündeten, die weite Teile des
ölreichen Landes beherrschen. Libyen ist ein wichtiges Transitland
für Migranten auf dem Weg nach Europa.

Es sei notwendig, dass die EU einen Beitrag zur Überwachung des
Waffenembargos leiste, betonte Maas am Montag. Er wollte sich jedoch
nicht darauf festlegen, auf welche Weise das Embargo überwacht werden
sollte. «Wichtig ist, dass wir überwachen können, ob über Land, ob

über Luft oder über Wasser das Embargo gebrochen wird», sagte Maas.


Seit einigen Wochen wird in diesem Zusammenhang über eine
Wiederbelebung des EU-Marineeinsatzes «Sophia» diskutiert. Die 2015
begonnene Mission sollte ursprünglich Schmuggel und Menschenhandel
eindämmen. Bis zum Ende des Marineeinsatzes vor knapp einem Jahr
wurden jedoch immer wieder Migranten aus Seenot gerettet. Die Staaten
konnten sich aber nicht auf die Verteilung der Geretteten einigen.
Deshalb ist die EU seit April 2019 nicht mehr mit Schiffen vor Ort.
Das aktuelle Mandat ohne Schiffe läuft Ende März aus und müsste bald

verlängert werden.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg lehnte einen
Neubeginn des Marineeinsatzes am Montag jedoch erneut ab. Es müsse
eine Militäroperation geben, die das Waffenembargo tatsächlich
überprüfe - dies sei «Sophia» nicht gelungen.

Für eine neue Marinemission ließ der Österreicher jedoch Raum: «Da

kann man über alles reden, aber nicht vor der libyschen Küste, nicht
Sophia-Wiederaufnahme.» Einen neuen Einsatz aufzusetzen dauert jedoch
deutlich länger als die Erweiterung des aktuellen «Sophia»-Mandats um

den Einsatz von Schiffen.

Schallenberg machte klar, dass es nun zunächst um die Überwachung des
Waffenembargos aus der Luft gehe; später werde man auch über andere
Elemente diskutieren. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn
appellierte an Österreich, einer Überwachung auf dem Meer
zuzustimmen. Auch der finnische Minister Pekka Haavisto sprach sich
für eine Marinemission aus. Außenpolitische Beschlüsse müssen in de
r
EU einstimmig gefasst werden.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte am Montag bereits an,
auf das Thema beim nächsten Treffen der Außenminister im März
zurückzukommen. Zugleich betonte er, dass mehr als ein Staat Bedenken
habe, «Sophia» wieder aufzunehmen. Er wies die Annahme zurück, dass
dadurch mehr Migranten nach Europa kommen könnten.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow machte nun deutlich, dass die
Lage in Libyen sich seiner Meinung nach seit der Berliner Konferenz
nicht verändert hat. Zu sagen, die Lage sei «wieder außer Kontrolle
geraten», sei nicht ganz richtig, sagte er der italienischen Zeitung
«La Stampa» nach Angaben des russischen Außenministeriums. «Es wä
re
richtiger zu sagen, dass sich die Situation nicht wesentlich geändert
hat.»