EU-Staaten unzufrieden mit Haushaltsplan - Scholz: Mehr Zukunft

17.02.2020 21:15

Wer zahlt wie viel in die EU-Kasse? Und was geschieht mit dem Geld?
Die erste Debatte über den neuen Milliarden-Vorschlag auf
Regierungsebene offenbart große Differenzen. Deutschland positioniert
sich dabei eindeutig.

Brüssel (dpa) - Der milliardenschwere Haushaltsplan der Europäischen
Union für die nächsten sieben Jahre stößt bei den Mitgliedstaaten a
uf
wenig Zustimmung. Minister aus den 27 EU-Ländern forderten bei der
ersten gemeinsamen Debatte über den neuen Vorschlag am Montag viele
Nachbesserungen unterschiedlicher Art. EU-Haushaltskommissar Johannes
Hahn kündigte nach dem Ratstreffen weitere Konsultationen an.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz forderte, die EU müsse sich bei
ihren Ausgaben mehr auf Zukunftsthemen konzentrieren. Das tue
EU-Ratspräsident Charles Michel in seinem Vorschlag für den
Finanzrahmen der Jahre 2021 bis 2027 zu wenig. «Das, was für die
Zukunft wichtig ist, ist noch nicht so ausgebaut, dass man damit
zufrieden sein kann», sagte Scholz in Brüssel.

Spaniens Außenministerin Arancha González Laya erklärte: «Aus unser
er
Sicht ist der Vorschlag, den der EU-Ratspräsident auf den Tisch
gelegt hat, nicht ausreichend für eine Einigung.» Nun müssten die
Staats- und Regierungschefs entscheiden, meinte Staatssekretärin
Andreja Metelko-Zgombic für den kroatischen Ratsvorsitz. Der
EU-Sondergipfel beginnt am Donnerstag.

Ein EU-Diplomat sagte, die Ratssitzung habe fundamentale Gegensätze
zwischen den Mitgliedstaaten bestätigt. Vor allem die Niederlande,
Dänemark, Schweden, Österreich, Deutschland, Irland und Belgien
hätten sich für mehr Modernisierung stark gemacht. Spanien, Rumänien,

Portugal und die baltischen Staaten drangen demnach auf eine
Fortsetzung der traditionellen Agrarhilfen und der Kohäsionspolitik,
die vor allem den ärmeren Regionen zugute kommt.

Der Vorschlag des Ratspräsidenten Michel vom Freitag sieht Kürzungen
im Agrarbudget und in der Kohäsionspolitik vor. Die Spanierin
González Laya bezeichnete den Plan als in Teilen unfair: «Er löst
nicht das Problem der Unterschiede innerhalb der Europäischen Union,
die sich seit der Krise von 2008 entwickelt haben.» Andere Länder
finden, der Budgetvorschlag über 1,0948 Billionen Euro steuere nicht
engagiert genug auf Klimaschutz, Forschung und Digitalisierung um.

Ähnlich wie Scholz sprach sich auch der niederländische
Finanzminister Wopke Hoekstra am Rande der Sitzung für einen Haushalt
aus, der sich mehr auf Modernisierung konzentriere. Scholz sagte,
Europa müsse bei modernen Technologien vorne dran bleiben: «Das muss
sich auch im Haushalt der EU niederschlagen.»

Im Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU müssten auch Konzepte für
eine globale Mindestbesteuerung multinationaler Internet-Unternehmen
eine Rolle spielen, forderte der SPD-Politiker. Es gehe darum, dass
«die großen globalen digitalen Plattformen einen größeren Beitrag z
ur
Finanzierung unserer Gemeinwesen leisten können».

Die Niederlande würden nach Michels Vorschlag noch mehr zu einem
EU-Nettozahler, kritisierte Minister Hoekstra. «Natürlich sehen wir
auch, dass wir eines der wohlhabendsten Länder der EU sind.» Die
Niederlande profitierten vom gemeinsamen Markt und vom Euro. Ihr
Beitrag müsse aber über die gesamte Finanzperiode 2021 bis 2027
begrenzt bleiben. Hoekstra forderte eine faire Lastenverteilung.

Scholz sagte zu deutschen Zahlungen in die EU-Kasse: «Wir werden
einen höheren Beitrag leisten als bisher.» Wichtig sei jedoch, dass
der künftige EU-Haushalt auf Modernisierung setze statt alte
Politikfelder fortzuschreiben. Das geschehe bisher nicht genug. «Also
muss nochmal neu angesetzt werden, damit die Zukunftsfragen mehr im
Mittelpunkt stehen als das jetzt der Fall ist», sagte Scholz.

Unzureichend findet Scholz auch Michels Vorschläge, wie die
Auszahlung von EU-Mitteln an die Rechtsstaatlichkeit in den
Empfängerländern geknüpft werden soll. «Da sind Rückschritte
gegenüber früheren Vorschlagen zu verzeichnen», sagte der
Bundesfinanzminister. «Das kann man nicht akzeptieren.»

Die Vertreterin des kroatischen Ratsvorsitzes erklärte: «Im
Augenblick glaube ich, dass alle Mitgliedstaaten daran interessiert
sind, den richtigen Kompromiss zu finden.» Kommissar Hahn sagte, in
den «nächsten Stunden und Tagen» werde intensiv weiter diskutiert. Es

sei eine Tradition, dass für eine Lösung im Haushaltsstreit stets
zwei Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs nötig seien: «Es
ist Zeit, mit dieser Tradition zu brechen.»