DIHK: Lage im Reise- und Gastgewerbe spitzt sich immer weiter zu

03.04.2020 16:08

Reiseveranstalter und Gastgewerbe trifft die Corona-Krise hart. Der
DIHK spricht von einer existenziellen Bedrohung.

Berlin (dpa) - Das Reise- und Gastgewerbe rutscht infolge der
Coronavirus-Pandemie aus Sicht des Deutschen Industrie- und
Handelskammertags immer tiefer in die Krise: Rund 40 Prozent der
Betriebe sehen sich akut von Insolvenz bedroht, wie eine DIHK-Umfrage
ergab. Etwa zwei Drittel der Firmen könnten wegen fehlender Aufträge
aktuell Mitarbeiter nicht mehr wie bislang beschäftigen und müssten
dementsprechend ihre Beschäftigungspläne nach unten korrigieren.

«Die Corona-Pandemie bedroht das Reise- und Gastgewerbe
existenziell», sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am
Freitag. «Wenn Restaurants schließen, Hotelzimmer storniert oder
Reisen ganz abgesagt werden müssen, fällt der Umsatz vieler
Unternehmen über Nacht gegen Null, obwohl Mieten und Gehälter weiter
bezahlt werden müssen.»

Der Reiseveranstalter FTI nimmt staatliche Bürgschaften an, um seine
Finanzierung für die kommenden zwölf Monate zu sichern. Man sei mit
einem «nachhaltig und langfristig angelegten Finanzierungspaket auf
die schwierige Situation vorbereitet», sagte Managing Director
Dietmar Gunz in München. Dies sei «dank der finanziellen
Unterstützung durch eine Bundes- und Landesbürgschaft und der
begleitenden Bank UniCredit» gelungen. Parallel gebe es Maßnahmen in
allen Unternehmensbereichen - darunter auch Kurzarbeit.

Eine Entlastung erhofft sich die Branche von Plänen der
Bundesregierung, wonach Verbraucher bei abgesagten Reisen, Kultur-
oder Sportveranstaltungen Gutscheine statt einer sofortigen
Rückzahlung bekommen. Bevor das Vorhaben umgesetzt werden kann,
bedarf es noch der Zustimmung der EU-Kommission.

Die Pläne sind allerdings umstritten. Die Verbraucherzentrale lehnt
die Gutscheinlösung ab. Bundesverbands-Chef Klaus Müller forderte
zudem, die Zahlungspflicht für Reisen im Sommer auszusetzen. Viele
Urlauber müssten spätestens im Mai die letzte Rate für ihre Reise
zahlen. «So lange nicht klar ist, ob im Sommer überhaupt wieder
gereist werden kann, brauchen wir dringend eine Aussetzung der
Zahlungspflicht», sagte Müller dem «Tagesspiegel» (Samstag).

Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte die
Gutscheinlösung: «Die Bundesregierung lässt viele Reisekunden im
Regen stehen. Der Gutscheinzwang darf so nicht bleiben.» Die
stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl verteidigte die
Pläne dagegen. Sie seien ein fairer Lastenausgleich zwischen
Verbrauchern und den vielen großen aber auch kleinen
Tourismusunternehmen und Konzertveranstaltern. «Die Corona-Krise hat
eine so gewaltige Dimension, dass ein Anspruch auf Erstattung am Ende
praktisch wertlos wäre, wenn viele Unternehmen insolvent werden»,
sagte Högl dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag).

Der Deutsche Reiseverband (DRV) wies daraufhin, dass die
Gutschein-Lösung auch den Reisebüros zu Gute komme. Damit könnten die

bereits gezahlten Provisionen der Veranstalter bei den
Reisevermittlern bleiben.