Kritik an Altmaiers Krisenmanagement - EU-Kommissar für Corona-Bonds

04.04.2020 13:24

Tut Bundeswirtschaftsminister Altmaier zu wenig dafür, eine heimische
Produktion der weltweit knappen Schutzbekleidung aufzubauen? Grüne
und FDP sehen das so.

Berlin (dpa) - Angesichts der Beschaffungsprobleme bei Schutzkleidung
und Medikamenten in der Corona-Krise sehen die Grünen schwere
Versäumnisse bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Ihre
Vorsitzende Annalena Baerbock hielt dem CDU-Politiker vor, er komme
«anscheinend gar nicht vor», wenn es darum gehe, in Deutschland mehr
Produktionskapazitäten für Masken, Beatmungsgeräte und Schutzkleidung

aufzubauen.

Auf europäischer Ebene wird weiter über die Finanzierungsinstrumente
zur Bewältigung der Krise gestritten. EU-Wirtschaftskommissar Paolo
Gentiloni sprach sich für Corona-Bonds - also gemeinsame Anleihen -
aus. Diese fordert unter anderem Gentilonis Heimatland Italien,
während Deutschland sie ablehnt.

KRITIK AN WIRTSCHAFTSMINISTER ALTMAIER IN DER CORONA-KRISE

Die Grünen werfen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vor,
die Herstellung wichtiger Medizinprodukte in der Corona-Krise nicht
voranzutreiben. «Deutschland könnte in Zusammenarbeit mit unseren
europäischen Nachbarn binnen kürzester Zeit eine Pandemiewirtschaft
auf den Weg bringen, weil so viele Firmen Gewehr bei Fuß stehen»,
sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock der Deutschen Presse-Agentur.
«Es wäre eigentlich der Job des Bundeswirtschaftsministers, die
Akteure zusammenzutrommeln, ihre Initiative zu unterstützen und mit
Abnahme-Garantien auch für die Zukunft für Investitionssicherheit zu
sorgen.» FDP-Fraktionsvize Michael Theurer schloss sich der Kritik
Baerbocks an. Viele Unternehmen wollten helfen, scheiterten aber
schon bei der Suche nach einem Ansprechpartner.

INFEKTIONS- UND TODESZAHLEN STEIGEN WEITER

In Deutschland sind bis Samstagvormittag mehr als 85 559 Infektionen
(Vortag Stand 11.00: mehr als 80 500 Infektionen) mit dem neuen
Coronavirus registriert worden. Mindestens 1154 (Vortag Stand 10.15
Uhr: 1022) mit Sars-CoV-2 Infizierte sind den Angaben zufolge bislang
bundesweit gestorben. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen
Presse-Agentur hervor, die die neuesten Zahlen der Bundesländer
berücksichtigt. Besonders hohe Zahlen haben Bayern mit mehr als 20
900 nachgewiesenen Fällen und mindestens 327 Toten sowie
Nordrhein-Westfalen mit mehr als 18 500 Fällen und mindestens 224
Toten. Wie für andere Länder rechnen Experten mit einer hohen
Dunkelziffer nicht erfasster Fälle.

MEHR HÄUSLICHE GEWALT OFFENBAR VOR ALLEM PROBLEM IN STÄDTEN

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sieht vor allem in den
Städten die Gefahr einer Zunahme häuslicher Gewalt im Zuge der
Corona-Krise. «Aus den Ländern bekommen wir unterschiedliche
Rückmeldungen. Es gibt offensichtlich ein Stadt-Land-Gefälle», sagte

die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Aus ländlichen
Regionen, wo es mehr Möglichkeiten gebe, raus zu gehen und wo
Menschen nicht so sehr auf engem Raum lebten, sei das
Konfliktpotenzial nicht so hoch. Bereits in der vergangenen Woche
habe sie aber aus Berlin die Rückmeldung bekommen, dass die Anzeigen
wegen häuslicher Gewalt um zehn Prozent gestiegen seien.

EHEMALIGER UN-GENERALSEKRETÄR FÜR WELTWEITEN ZUSAMMENHALT

Der frühere UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat angesichts der
Corona-Krise und anderer globaler Herausforderungen an den weltweiten
Zusammenhalt appelliert. «Ich habe immer betont, dass Probleme von
globalem Ausmaß auch globaler Lösungen bedürfen», erklärte Ban in

einem schriftlich geführten Interview der österreichischen
Nachrichtenagentur APA. Die Pandemie könne nur «mit gemeinsamen
Bemühungen und Einigkeit überwunden werden». Ban rief die
internationale Gemeinschaft dazu auf, auch genug Finanzmittel
solidarisch zur Verfügung zu stellen. Vor allem armen Ländern, die in
Krisenzeiten selbst nichts mehr für die eigene Bevölkerung tun
können, müsse geholfen werden.

EU-KOMMISSAR GENTILONI FÜR GEMEINSAME ANLEIHEN

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hat sich für gemeinsame
europäische Anleihen zur Bewältigung der finanziellen Folgen der
Corona-Krise ausgesprochen. «Wir brauchen ein europäisches
Konjunkturprogramm und das sollte durch die Ausgabe von Anleihen
finanziert werden», sagte der Italiener der «Welt» (Samstag). «Die

Ausgabe von Anleihen soll zweckgebunden sein und eine einmalige
Maßnahme in außergewöhnlichen Umständen. Ich denke, Deutschland und

andere nordeuropäische Länder können das akzeptieren.» Die EU-Staat
en
sind in der Frage sogenannter Corona-Bonds zerstritten. Italien,
Spanien und andere wollen sie, andere wie Deutschland und die
Niederlande sind dagegen. Die EU-Finanzminister sollen bis Dienstag
neue Modelle entwickeln.

VERSICHERER GEBEN SICH GEGENÜBER KUNDEN KULANT

Große Versicherer kommen ihren Kunden in der Corona-Krise entgegen.
Der Marktführer Allianz erweitert in mehreren Bereichen den Umfang
seiner Policen und will sich bei Zahlungsschwierigkeiten seiner
Kunden kulant zeigen. «Die Botschaft ist: Wir sind da», sagte Bernd
Heinemann, Vorstandsmitglied der Allianz Deutschland, der Deutschen
Presse-Agentur in München. Das Münchner Unternehmen hat in
Deutschland mehr als 20 Millionen Kunden, Nummer zwei ist die
Generali-Gruppe mit 10 Millionen. Der italienische Konzern richtet
einen Nothilfefonds in Höhe von 30 Millionen Euro ein, der vor allem
für Firmenkunden und «junge Geschäftspartner» gedacht ist, wie das

Unternehmen mitteilte.

US-SÄNGERIN PINK MIT CORONAVIRUS INFIZIERT

US-Sängerin Pink hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Dies gab die
zweifache Mutter auf Instagram bekannt. Vor zwei Wochen hätten sie
und ihr dreijähriger Sohn Jameson Anzeichen von Covid-19 gehabt.
Glücklicherweise habe ihr Arzt schnell einen Test besorgen können,
der bei ihr positiv ausfiel. Die ganze Familie habe sich zwei Wochen
isoliert, alle seien nun gesund, teilte die Sängerin mit. Die
Sängerin warf der Regierung in Washington vor, nicht schnell und
umfassend für Tests gesorgt zu haben. Sie werde eine Million Dollar
für das Gesundheitswesen spenden - zu gleichen Teilen für eine Klinik
in Philadelphia, an der ihre Mutter 18 Jahre lang arbeitete, und für
eine Krisenkasse der Stadt Los Angeles.

MUSIKER GELDORF HAT KEINE ANGST VOR CORONA

Der irische Popmusiker Bob Geldof («I Don't Like Mondays») fürchtet
sich nicht vor dem Coronavirus. «Es wäre okay für mich, würde das
Leben hier enden. Ich lebte ein volles Leben», sagte der 68-Jährige
dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Von London, dem von der Pandemie
am stärksten betroffenen Ort Großbritanniens, hält er sich dennoch
fern. «Ich besitze ein Haus in einer Kleinstadt außerhalb Londons.
Meine Töchter und ihre Ehemänner sind bei uns. Ich habe einen großen

Garten, das Wetter ist schön. Uns geht es so weit gut. Wir sind hier
sicher», so Geldof weiter. Anlass zum Verzweifeln gibt es aus seiner
Sicht nicht: «Jeder Tote ist einer zu viel, aber die Welt wird
hoffentlich noch einmal davonkommen.»

SCHALKER ULTRAS UNTERSTÜTZEN KNEIPENSZENE

Die Ultras des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 kämpfen für die
Kneipenszene in Gelsenkirchen. Zusammen mit dem Schalker Fanprojekt
starteten sie die Aktion «#helpgelsen». «Ein Gelsenkirchen, das nach

der Krise nicht mehr so ist wie es war, ist für alle unvorstellbar»,
erklärten die Ultras auf ihrer Internetseite. Ziel sei es, möglichst
viele Gelsenkirchener Kneipen und Kleinstbetriebe zu retten, die
wegen der Coronakrise keine Einnahmen mehr haben. Auch das Schalker
Vereinslokal «Bosch» an der Glückauf-Kampfbahn zählt dazu. In Berli
n
hat Juso-Chef Kevin Kühnert wegen der angespannten wirtschaftlichen
Lage vieler Gastronomen eine Initiative zur Rettung der Kneipen in
der Hauptstadt gegründet.