Jourova: «Ganz Europa schaut darauf, was in Ungarn geschieht»

07.04.2020 04:00

Brüssel (dpa) - Ungarn steht wegen des Notstandsgesetzes in der
Corona-Krise nach Angaben von EU-Kommissarin Vera Jourova unter
besonderer Beobachtung. «Ganz Europa schaut darauf, was in Ungarn
geschieht», sagte die Vizepräsidentin der EU-Kommission der Deutschen
Presse-Agentur in Brüssel. Zugleich brachte die tschechische
Politikerin ihre Bedenken an dem Gesetz zum Ausdruck. Besonders
problematisch sei, dass kein Ende des Notstands angegeben sei sowie
die Kriminalisierung von Desinformation, wozu auch Kritik an der
Regierung gehören könnte. Die EU-Behörde analysiere das Gesetz
derzeit und werde seine Anwendung genau beobachten.

Der rechtsnationale ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte
sich vom Parlament mit umfassenden Sondervollmachten zur Bewältigung
der Coronavirus-Pandemie ausstatten lassen. So kann er ohne zeitliche
Befristung und gegebenenfalls ohne parlamentarische Kontrolle auf dem
Verordnungsweg regieren. Das Notstandsgesetz hatte im In- und Ausland
Kritik und Besorgnis ausgelöst. Es sieht auch vor, dass die
Verbreitung von Falschnachrichten streng bestraft wird, so dass
Journalisten um kritische Berichterstattung fürchten.

«Das kommt nicht aus heiterem Himmel», betonte Jourova nun mit Blick
auf das ungarische Regierungshandeln der vergangenen Jahre. So laufe
bereits ein Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge gegen Budapest,
und auch um die Presse- und Redefreiheit habe es Anlass zur Sorge
gegeben. Orban habe nun die Gelegenheit zu zeigen, dass es eine
öffentliche Überwachung des Notstands gebe sowie dass das Gesetz
verhältnismäßig und zeitlich begrenzt sein werde.