Kritik aus EU und Deutschland an Chinas Plänen für Sicherheitsgesetz

26.05.2020 18:16

China plant ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in seiner
Sonderverwaltungszone Hongkong. Vor Ort demonstrieren trotz Corona
Tausende - auch aus der EU und aus Deutschland kommt heftige Kritik.

Berlin/Brüssel (dpa) - Chinas Pläne für ein Sicherheitsgesetz in
Hongkong stoßen bei führenden Europa-Parlamentariern und bei
deutschen Oppositionspolitikern auf scharfe Kritik. «Die
internationale Gemeinschaft muss sich mit Nachdruck für die Freiheit
von Hongkong einsetzen», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen
Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister, der «Welt». Die
jüngsten Ereignisse müssten auch im Plenum des Europäischen
Parlaments diskutiert werden, forderte der CDU-Politiker. Er fügte
hinzu: «Der völkerrechtlich vereinbarte Grundsatz 'Ein Land, zwei
Systeme' und damit der Status Hongkongs als autonome Stadt wird durch
das geplante Sicherheitsgesetz erheblich gefährdet.»

Peking plant derzeit ein Gesetz, das den Einsatz chinesischer
Sicherheitsorgane in der Sonderverwaltungszone Hongkong ermöglichen
soll. Tausende hatten am Wochenende in Hongkong trotz der
Corona-Pandemie dagegen protestiert.

Der Hongkonger Demokratieaktivist Joshua Wong sagte Bild-TV: «Das
Land das ursprünglich zwei verschieden Systeme hatte, hat
heute nur noch eins.» Menschen, egal ob sie
in Hongkong leben oder sich nur dort aufhalten, könnten jetzt alle
von einer geheimen Polizei verhaftet und strafrechtlich verfolgt
werden.

Der Chef der China-Delegation im EU-Parlament, Reinhard Bütikofer
(Grüne), appellierte an die EU-Außenminister, am Freitag in einer
gemeinsamen Erklärung deutlich zu machen, dass das Vorgehen Pekings
einen unzulässigen Eingriff in die Autonomie Hongkongs darstelle.
Bütikofer forderte die EU auf, mehr Druck auf China auszuüben: «Es
ist unangemessen für eine Wertegemeinschaft wie die Europäische
Union, auf die geplante massive Einschränkung von Freiheitsrechten
und auf die Hilferufe von jungen Demokratie-Aktivisten in Hongkong
mit lautem Schweigen statt Klartext zu reagieren. Ich sehe hier
besonders die Bundesregierung in der Verantwortung, die in einem
Monat den Ratsvorsitz in der EU übernimmt.»

Die Fraktionsvorsitzenden von Grünen und FDP im Bundestag, Katrin
Göring-Eckardt und Christian Lindner, forderten Außenminister Heiko
Maas (SPD) auf, den chinesischen Botschafter einzubestellen. «Wir
müssen an der Seite der Demokratiebewegung stehen», sagte
Göring-Eckardt vor einer Sitzung ihrer Fraktion. Dies müsse auch für

die Handelspolitik gelten. «Hier muss ganz klar sein: kein Abkommen,
wenn wir nicht eine klare Verabredung haben zu «einem Land, zwei
Systeme» und keine Verschärfungen, wie sie der chinesische
Volkskongress gerade beschließen will.»

Lindner nannte die Situation in Hongkong besorgniserregend. «Da wird
Recht gebrochen. Da werden Zusagen gebrochen», sagte er am Rande
einer Sitzung seiner Fraktion. «Im Schatten der Corona-Pandemie ist
die Pekinger Führung dabei, den besonderen Status von Hongkong zu
verändern.» Auf Antrag der FDP wird der Bundestag an diesem Freitag
über die Situation in Hongkong debattieren.

Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen verurteilte Chinas Pläne.
«Das Gesetz verschärft die Kontrolle Pekings über Hongkong und wird
es dem autoritären chinesischen Regime erleichtern, Rechte wie die
Pressefreiheit in der Sonderverwaltungszone mit Füßen zu treten»,
sagte Geschäftsführer Christian Mihr. «Die chinesischen Behörden
nutzen die nationale Sicherheit häufig als Vorwand, um die
Inhaftierung von Medienschaffenden teils unter lebensbedrohlichen
Bedingungen zu rechtfertigen.»