Lufthansa-Hilfspaket umstritten - EU-Auflagen möglich

26.05.2020 17:02

Neun Milliarden Euro für die Lufthansa sind ein dicker Brocken.
Entsprechend positionieren sich Gegner und Befürworter der
Staatshilfen. Eine entscheidende Rolle könnte die EU spielen.

Frankfurt/Main (dpa) - Das milliardenschwere Corona-Hilfspaket für
die Lufthansa bleibt umstritten. Während CSU-Chef Markus Söder und
der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport am Dienstag dem heimischen
Luftverkehrskonzern den Rücken stärkten, kritisierte Ryanair-Chef
Michael O'Leary die angepeilten Staatshilfen über neun Milliarden
Euro scharf. Die Gewerkschaft Verdi und SPD-Fraktionschef Rolf
Mützenich mahnten einen besseren Umgang mit den Beschäftigten und die
Sicherung der Arbeitsplätze an. Bei Aktien-Analysten standen noch
einmal die möglichen Zinsbelastungen im Mittelpunkt.

CSU-Chef Söder kritisierte mögliche EU-Auflagen für die Lufthansa
scharf. Sollte die Lufthansa Start- und Landerechte an den
Hauptstandorten Frankfurt und München an andere Fluggesellschaften
abgeben müssen, sei dies eine «nicht verständliche Gängelung», sa
gte
der bayerische Ministerpräsident. Mit dem Rettungspaket solle ein
bislang gesundes Unternehmen einzig die Möglichkeit bekommen, nach
der Krise wieder durchzustarten.

Nach eigenen Angaben haben die Wettbewerbshüter der EU-Kommission
bislang noch nicht mit der Prüfung des Rettungspakets begonnen. Zu
möglichen Auflagen für die Lufthansa, die die Kommission für ihre
Zustimmung zum Rettungspaket verlangen könnte, machte Brüssel
zunächst keine Aussagen. Aus CDU-Kreisen hatte es zuletzt geheißen,
die Kommission wolle die Lufthansa zur Abgabe von Start- und
Landerechten an den Drehkreuzen München und Frankfurt bewegen.

Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport stärkte Lufthansa den
Rücken und will mit ihr gemeinsam in den nächsten Wochen ein
Gemeinschaftsunternehmen gründen. Die Lufthansa müsse als
Netzwerkanbieter in Frankfurt ihren Marktanteil halten und ausbauen
dürfen, erklärte Vorstandschef Stefan Schulte.

Der Billigflieger Ryanair beklagte hingegen eine massive
Wettbewerbsverzerrung. Die milliardenschweren Hilfen der
Bundesregierung würden den monopolähnlichen Zugriff der Lufthansa auf
den deutschen Luftverkehrsmarkt weiter stärken, kritisierte die
irische Fluggesellschaft. «Es ist zutiefst ironisch, dass die
deutsche Regierung, die alle anderen EU-Länder über die Einhaltung
der EU-Vorschriften belehrt, keine Hemmung hat, die Vorschriften über
staatliche Beihilfen zu brechen, wenn es um die Lufthansa geht»,
sagte Ryanair-Chef Michael O'Leary. Ryanair werde gegen dieses
Beispiel «rechtswidriger staatlicher Beihilfen» vorgehen.

Am Montag hatten Bundesregierung und Lufthansa bekannt gegeben, dass
das staatliche Hilfspaket für die deutsche Fluggesellschaft steht. In
einem nächsten Schritt muss allerdings die EU-Kommission noch
zustimmen. Der Aufsichtsrat der Lufthansa soll sich nach
dpa-Informationen am Mittwoch mit dem Thema befassen und wird
voraussichtlich eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen.
Das Unternehmen war in der Corona-Krise schwer unter Druck geraten.
Im Konzern sind rund 138 000 Menschen beschäftigt. Zehntausende Jobs
stehen unter dem Eindruck der Corona-Krise auf der Kippe.

Konkrete Auswirkungen nannte Jens Bischof, Chef der Lufthansa-Tochter
Eurowings, die mindestens 300 der 1000 Jobs in ihrer Verwaltung
streichen will. Von den 139 Maschinen werde man im kommenden Jahr nur
gut 90 Flugzeuge in der Luft haben.

Dass die deutschen Staatshilfen keineswegs einmalig sind, zeigte der
Welt-Airlineverband IATA. Nach dessen Berechnung sollen die
Gesellschaften staatliche Hilfen von 123 Milliarden Dollar (112 Mrd
Euro) erhalten. Allerdings seien rund 55 Prozent der Hilfen Kredite
und Kreditgarantien oder aufgeschobene Steuern, sagte der Chefökonom
des Verbands, Brian Pearce. Das mache die Erholung der
Fluggesellschaften von dem finanziellen Einbruch schwierig.

Auch Lufthansa werde nach der Krise auf einem hohen Schuldenberg
sitzen, warnte Analyst Jaime Rowbotham von der Deutschen Bank. Zu den
wenigen Optimisten gehörte der Luftfahrt-Analyst Daniel Roeska von
Bernstein Research. Die Bedingungen des Rettungspakets für die
Airline seien letztlich etwas besser ausgefallen als von ihm
erwartet, schrieb er.