Weber gegen verschärften Klimaschutz «im Blindflug»

28.06.2020 12:38

Brüssel (dpa) - Die Christdemokraten im Europaparlament treten beim
Klimaschutz in der Corona-Krise auf die Bremse. «Wir müssen die
Industrie stabilisieren, bevor wir sie in eine klimaneutrale Zukunft
führen», sagte Fraktionschef Manfred Weber (CSU) den Zeitungen der
Funke Mediengruppe (Samstag).

«Unsere erste Aufgabe ist eine Bewertung, was zusätzliche Auflagen
für unsere Unternehmen bedeuten. Erst danach sind neue Regelungen zum
Klimaschutz denkbar.» Den Green Deal - das Programm der EU-Kommission
für ein klimaneutrales Europa bis 2050 - jetzt einfach umzusetzen,
wäre «Gesetzgebung im Blindflug», meinte Weber. Die europäische
Wirtschaft befinde sich im freien Fall.

Zur geplanten Verschärfung des EU-Klimaziels für 2030 sagte Weber:
«Ich stehe zu dem Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 50 Prozent statt
um 40 Prozent zu reduzieren. Aber die Grundvoraussetzung ist eine
ordentliche Bewertung der Lage. Die Kommission muss überzeugend
darlegen, dass die Klimaziele ohne Schaden für die Wirtschaft
umsetzbar sind.»

Er habe Zweifel, dass der zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans
bis September diese Zahlen vorlegen werde. «Und so lange das nicht
geschieht, wird es mit meiner Fraktion keine Verschärfung der
Klimaziele und keine Gesetzgebung zum Green Deal geben», sagte der
CSU-Vizechef.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte Webers Vorstoß als
«unverantwortlich». «Es ist brandgefährlich, wenn wir mitten in ein
er
Krise die Augen vor der nächsten Krise verschließen», sagte Baerbock

den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Samstag, Print Montag).
Und weiter: «Die Milliarden, die jetzt in Europa in die Hand genommen
werden, müssen nachhaltig investiert werden.» Man müsse nun mit dem
Green Deal «in die sozial-ökologische Transformation investieren.
Ansonsten gefährden wir den Industriestandort Europa».

Scharfe Kritik kam auch vom SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans.
Weber setze auf eine «Konjunkturpolitik durch Unterlassen», sagte
Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag).
«Zurück in die alte Spur ist aber kein Rezept für die Zukunft.» Die
s
gelte sowohl für die Wettbewerbsfähigkeit Europas als auch für den
weltweiten Klimaschutz.