Maas: Libanon-Geberkonferenz sammelt über 200 Millionen Euro ein

09.08.2020 19:17

Emmanuel Macron drückt bei der Libanon-Hilfe aufs Tempo. Nur wenige
Tage nach der Explosion in Beirut bringt Frankreichs Staatschef
internationale Topverantwortliche zusammen - unter ihnen ist auch
sein streitbarer Kollege aus dem Weißen Haus.

Paris/Berlin (dpa) - Bei der internationalen Geberkonferenz für den
Libanon sind nach den Worten von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD)
über 200 Millionen Euro Soforthilfe zusammengekommen. «Deutschland
alleine wird sich mit 20 Millionen Euro zusätzlich beteiligen, um die
größte Not zu lindern, die es zurzeit in Beirut gibt», sagte Maas am

Sonntag dem ZDF. Es sei überwältigend gewesen, wie viele Staaten sich
beteiligt hätten. Das französische Präsidialamt nannte als
Mitveranstalter der Konferenz zunächst keine Zahl für die Zusagen.

Nach der verheerenden Explosionskatastrophe in Beirut mit über 150
Toten ist nach Einschätzung der Vereinten Nationen (UN) eine
internationale Nothilfe im Umfang von 116,9 Millionen US-Dollar (rund
99 Millionen Euro) nötig. Es geht laut UN um medizinische Versorgung,
Nahrungsmittelhilfe oder Unterkunft für die schwer getroffene
Bevölkerung.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte das rund
zweieinhalbstündige Treffen mit den UN kurzfristig organisiert. Es
nahmen Vertreter von mindestens 36 Staaten und Organisationen teil,
unter ihnen waren US-Präsident Donald Trump oder der jordanische
König Abdullah II.. Deutschland wurde durch Maas vertreten.

«Die Zukunft des Libanons wird jetzt entschieden», erklärte Macron.
Er appellierte an die Verantwortlichen in Beirut, auf die Hoffnungen
zu antworten, die das libanesische Volk auf den Straßen ausdrücke.
«Das libanesische Volk ist frei, stolz und eigenständig», sagte
Macron in seiner emotionalen Rede.

Es müsse aber alles getan werden, um Gewalt und Chaos zu verhindern.
Macron sprach von - nicht genauer bezeichneten - «Mächten», die ein
Interesse an Spaltung und Chaos hätten. Bei den Protesten in Beirut
war es am Wochenende auch zu Gewalt gekommen.

Trump sagte dem Libanon weitere Unterstützung zu - ein konkreter
Betrag blieb aber zunächst offen. Trump habe betont, die USA stünden
bereit und seien willens, «dem libanesischen Volk zu helfen»,
erklärte das Weiße Haus. Die USA wollten bei der Koordinierung ihrer
Hilfen eng mit anderen Staaten zusammenarbeiten.

Trump habe eine gründliche und transparente Untersuchung der
Explosionskatastrophe gefordert. Die USA stünden bereit, dem Libanon
dabei zu helfen. Trump habe auch Stabilität gefordert, gleichzeitig
aber «die legitimen Rufe friedlicher Demonstranten nach Transparenz,
Reform und Rechenschaftspflicht» anerkannt. Die USA sagten dem
Libanon bislang 17 Millionen US-Dollar Katastrophenhilfe zu.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) will dem Libanon mit einem
Rettungspaket helfen, verlangt dafür aber eine politische Einigung
auf umfassende Reformen. Die Finanzorganisation sei bereit, ihre
Bemühungen zu verdoppeln, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa in
der Schalte.

Die EU kündigte an, ihre Nothilfe auf 63 Millionen Euro aufzustocken.
Davon unabhängig hatte Außenminister Maas vorab ein deutsches
Soforthilfepaket im Umfang von zehn Millionen Euro angekündigt. «Die
Menschen in Beirut brauchen unsere Hilfe und sie brauchen Anlass zur
Hoffnung», erklärte der SPD-Politiker der «Bild am Sonntag».

Macron hatte am Donnerstag bereits bei einem Besuch in der
libanesischen Hauptstadt internationale Hilfe in Aussicht gestellt.
Bei der Geberkonferenz erneuerte er seine Forderungen nach Reformen
im Zedernstaat und nach einer unabhängigen Untersuchung der
Katastrophenursache. Auch Israel, das nicht bei der Konferenz
vertreten war, wolle helfen, ebenso wie die Türkei, sagte Macron. Bei
der Explosion am Dienstag waren über 6000 Menschen verletzt worden,
rund 300 000 Menschen sind obdachlos.

Auch Papst Franziskus forderte internationale Hilfe für den Libanon.
«Die Katastrophe vom vergangenen Dienstag erfordert von allen,
angefangen bei den Libanesen, eine Zusammenarbeit für das Gemeinwohl
dieses geliebten Landes», sagte das Kirchenoberhaupt nach dem
Angelus-Gebet zu Besuchern auf dem Petersplatz in Rom. «Ich erneuere
meinen Appell an die internationale Gemeinschaft für eine großzügige

Hilfe.»

Frankreich richtete nach eigenen Angaben eine Luftbrücke ein. Bisher
brachten den Angaben nach acht Flugzeuge Katastrophenhelfer und
Hilfsgüter in den Libanon. Es werden auch zwei Schiffe, darunter ein
Kriegsschiff, vom Mittelmeerhafen Toulon aus in Bewegung gesetzt, die
unter anderem Nahrungsmittel transportieren.