Libanon-Geberkonferenz sammelt über 250 Millionen Euro ein

09.08.2020 20:22

Emmanuel Macron drückt bei der Libanon-Hilfe aufs Tempo. Nur wenige
Tage nach der Explosion in Beirut bringt Frankreichs Staatschef
internationale Topverantwortliche zusammen - unter ihnen ist auch
sein streitbarer Kollege aus dem Weißen Haus.

Paris/Washington (dpa) - Bei der internationalen Geberkonferenz für
den krisengeschüttelten Libanon sind 252,7 Millionen Euro Soforthilfe
zusammengekommen. Das berichteten Kreise des französischen
Präsidialamtes am Sonntag in Paris nach einer Videoschalte, an der
auch US-Präsident Donald Trump teilnahm. Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron leitete gemeinsam mit den Vereinten Nationen (UN) das
rund zweieinhalbstündige Treffen.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte zuvor im ZDF von über 200
Millionen Euro Hilfe gesprochen. «Deutschland alleine wird sich mit
20 Millionen Euro zusätzlich beteiligen, um die größte Not zu
lindern, die es zurzeit in Beirut gibt», sagte Maas dem Sender. Es
sei überwältigend gewesen, wie viele Staaten sich beteiligt hätten.
Frankreich trägt 30 Millionen Euro Hilfe.

Die Staaten und Organisationen übertrafen fünf Tage nach der Beiruter
Explosionskatastrophe mit über 150 Toten mit ihren Zusagen die
Vorgaben der UN. Diese halten eine internationale Nothilfe im Umfang
von 116,9 Millionen US-Dollar (rund 99 Millionen Euro) für nötig. Es
geht dabei um medizinische Versorgung, Nahrungsmittelhilfe oder
Unterkunft für die schwer getroffene Bevölkerung. Es gibt nach
Schätzungen rund 300 000 obdachlose Menschen in Beirut.

Es nahmen Vertreter von mindestens 36 Staaten und Organisationen
teil, unter ihnen waren laut Élyséepalast mehrere europäische
Regierungschefs wie der Italiener Guiseppe Conte. Auch der
jordanische König Abdullah II. nahm teil. Deutschland wurde durch
Maas vertreten. «In diesen schrecklichen Zeiten ist der Libanon nicht
allein», heißt es in der Abschlusserklärung.

«Die Zukunft des Libanons wird jetzt entschieden», erklärte Macron.
Er appellierte an die Verantwortlichen in Beirut, auf die Hoffnungen
zu antworten, die das libanesische Volk auf den Straßen ausdrücke.
«Das libanesische Volk ist frei, stolz und eigenständig», sagte
Macron in seiner emotionalen Rede.

Es müsse aber alles getan werden, um Gewalt und Chaos zu verhindern.
Macron sprach von - nicht genauer bezeichneten - «Mächten», die ein
Interesse an Spaltung und Chaos hätten. Bei den Protesten in Beirut
war es am Wochenende auch zu Gewalt gekommen.

Trump sagte dem Libanon weitere Unterstützung zu - ein konkreter
Betrag blieb aber zunächst offen. Trump habe betont, die USA stünden
bereit und seien willens, «dem libanesischen Volk zu helfen»,
erklärte das Weiße Haus. Die USA wollten bei der Koordinierung ihrer
Hilfen eng mit anderen Staaten zusammenarbeiten.

Trump habe eine gründliche und transparente Untersuchung der
Explosionskatastrophe gefordert. Die USA stünden bereit, dem Libanon
dabei zu helfen. Trump habe auch Stabilität gefordert, gleichzeitig
aber «die legitimen Rufe friedlicher Demonstranten nach Transparenz,
Reform und Rechenschaftspflicht» anerkannt. Die USA sagten dem
Libanon bislang 17 Millionen US-Dollar Katastrophenhilfe zu.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) will dem Libanon mit einem
Rettungspaket helfen, verlangt dafür aber eine politische Einigung
auf umfassende Reformen. Die Finanzorganisation sei bereit, ihre
Bemühungen zu verdoppeln, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa in
der Schalte.

Die EU kündigte an, ihre Nothilfe auf 63 Millionen Euro aufzustocken.
Davon unabhängig hatte Außenminister Maas vorab ein deutsches
Soforthilfepaket im Umfang von zehn Millionen Euro angekündigt. «Die
Menschen in Beirut brauchen unsere Hilfe und sie brauchen Anlass zur
Hoffnung», erklärte der SPD-Politiker der «Bild am Sonntag».

Macron hatte am Donnerstag bereits bei einem Besuch in der
libanesischen Hauptstadt internationale Hilfe in Aussicht gestellt.
Bei der Geberkonferenz erneuerte er seine Forderungen nach Reformen
im Zedernstaat und nach einer unabhängigen Untersuchung der
Katastrophenursache. Auch Israel, das nicht bei der Konferenz
vertreten war, wolle helfen, ebenso wie die Türkei, sagte Macron. Bei
der Explosion am Dienstag waren über 6000 Menschen verletzt worden.

Auch Papst Franziskus forderte internationale Hilfe für den Libanon.
«Die Katastrophe vom vergangenen Dienstag erfordert von allen,
angefangen bei den Libanesen, eine Zusammenarbeit für das Gemeinwohl
dieses geliebten Landes», sagte das Kirchenoberhaupt nach dem
Angelus-Gebet zu Besuchern auf dem Petersplatz in Rom. «Ich erneuere
meinen Appell an die internationale Gemeinschaft für eine großzügige

Hilfe.»

Frankreich richtete nach eigenen Angaben eine Luftbrücke ein. Bisher
brachten den Angaben nach acht Flugzeuge Katastrophenhelfer und
Hilfsgüter in den Libanon. Es werden auch zwei Schiffe, darunter ein
Kriegsschiff, vom Mittelmeerhafen Toulon aus in Bewegung gesetzt, die
unter anderem Nahrungsmittel transportieren.