Zügige Reaktivierung von EU-Sanktionen gegen Belarus nicht in Sicht

11.08.2020 14:00

Brüssel (dpa) - Eine schnelle Reaktivierung von EU-Sanktionen gegen
die Führung von Belarus ist derzeit nicht in Sicht. Der Sprecher des
EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sagte am Dienstag, dass man nach
der umstrittenen Präsidentschaftswahl zunächst einmal eine
ordentliche Lagebeurteilung brauche. Zudem verwies er darauf, dass es
für Sanktionsbeschlüsse die Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten
brauche.

Als ein Land, das Strafmaßnahmen gegen die Führung blockieren könnte,

gilt zum Beispiel Ungarn. Dessen Regierungschef Viktor Orban hatte
sich zuletzt wiederholt an die Seite des belarussischen Staatschefs
Alexander Lukaschenko gestellt und sich für eine Aufhebung aller
EU-Sanktionen gegen Belarus ausgesprochen.

Aus Deutschland hatte am Montag Bundesaußenminister Heiko Maas dafür
plädiert, eine Reaktivierung von EU-Sanktionen gegen das autoritär
regierte Land zu prüfen. Die Hoffnungen auf mehr Rechtsstaatlichkeit
in Belarus hätten mit der Präsidentenwahl «mehr als nur einen herben

Rückschlag erlitten», sagte er. Von freien Wahlen sei «wirklich
überhaupt nichts» zu erkennen gewesen. Stattdessen habe man Gewalt,
Einschüchterungen und Verhaftungen erlebt.

Die EU hatte zuletzt im Februar 2016 ungeachtet der Kritik von
Menschenrechtlern zahlreiche Sanktionen gegen den Machtapparat von
Lukaschenko auslaufen lassen. Lediglich ein bestehendes Waffenembargo
sowie Strafmaßnahmen gegen vier Weißrussen, die am Verschwinden von
Regime-Gegnern beteiligt sein sollen, wurden zuletzt noch
aufrechterhalten.

Für Lukaschenko, 169 Gefolgsleute sowie drei Unternehmen bedeutete
die EU-Entscheidung damals, dass von ihnen vorhandene Vermögen in der
EU nicht mehr gesperrt werden konnten. Zudem wurden für sie sämtliche
Reise- und Geschäftsbeschränkungen aufgehoben. Als einen Grund für
die Lockerung der Sanktionen nannte die EU damals die Freilassung
politischer Gefangener sowie die gewaltfrei verlaufene
Präsidentenwahl im Jahr 2015.

Als wahrscheinlich gilt nun, dass die Lage in Belarus und die
mögliche Reaktivierung von Sanktionen Ende August bei einem
informellen EU-Außenministertreffen in Berlin thematisiert wird.