EU erwägt neue Sanktionen gegen Belarus

11.08.2020 20:09

Brüssel (dpa) - Nach der von Fälschungsvorwürfen und Gewalt
überschatteten Präsidentschaftswahl in Belarus erwägt die EU neue
Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik. Man werde die
Beziehungen gründlich überprüfen, sagte EU-Außenbeauftragter Josep

Borrell am Dienstag im Namen der 27 Staaten. «Dies könnte unter
anderem beinhalten, Maßnahmen gegen jene zu ergreifen, die
verantwortlich für die beobachtete Gewalt, ungerechtfertigte
Verhaftungen und die Fälschung der Wahlergebnisse sind.»

Allerdings hatte Borrells Sprecher zuvor bereits darauf verwiesen,
dass für Sanktionsbeschlüsse die Zustimmung aller 27
EU-Mitgliedsländer gebraucht wird. Als ein Staat, der Strafmaßnahmen
blockieren könnte, gilt Ungarn. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD)
plädierte bereits dafür, eine Wiedereinsetzung von EU-Sanktionen
gegen das autoritär regierte Land zu prüfen.

Nach der Wahl am Sonntag brachen in Belarus landesweite Proteste aus.
Es sind die größten Demonstrationen, die das von Staatschef Alexander
Lukaschenko geführte Land je erlebt hat. Nach Angaben der
Wahlkommission gewann Lukaschenko mit rund 80 Prozent der Stimmen.
Daran gibt es auch international erhebliche Zweifel.

Borrell sagte, die Wahl sei weder frei noch fair gewesen. Staatliche
Behörden hätten inakzeptable Gewalt ausgeübt, Tausende Menschen seien

inhaftiert worden und das Vorgehen gegen Versammlungs-, Medien- und
Meinungsfreiheit sei verstärkt worden. Alle Inhaftierten müssten
sofort und bedingungslos freigelassen werden, forderte Borrell. «Die
Menschen aus Belarus haben Besseres verdient.»

Die EU hatte zuletzt im Februar 2016 ungeachtet der Kritik von
Menschenrechtlern zahlreiche Sanktionen gegen Lukaschenkos
Machtapparat auslaufen lassen. Als wahrscheinlich gilt, dass die Lage
Ende August bei einem informellen EU-Außenministertreffen in Berlin
thematisiert wird.