SPD-Politikerin Vogt: Seehofer entscheidet über Flüchtlingsaufnahme

12.08.2020 13:59

Berlin und Thüringen würden gerne mehr Migranten von den griechischen
Inseln ins Land holen. Innenminister Seehofer verweigert jedoch sein
Ja. Ist es richtig, dass die Entscheidung nur bei ihm liegt, und was
sagt der Koalitionspartner SPD dazu?

Berlin (dpa) - In der Diskussion um Landesaufnahmeprogramme für
Flüchtlinge von den griechischen Inseln liegt die Entscheidung nach
Einschätzung der innenpolitischen Sprecherin der
SPD-Bundestagsfraktion, Ute Vogt, klar beim Bund. «Die rechtliche
Lage ist so, dass das Bundesinnenministerium zustimmen muss», sagte
sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Ich finde eine
Zustimmungserfordernis durch den Bund richtig.»

Insbesondere Berlin und Thüringen wollen mit Migranten aus den
überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln mit eigenen
Landesaufnahmeprogrammen nach Deutschland holen, was
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aber verweigert. Der Bund
ist auch finanziell an der Versorgung von Flüchtlingen und
Asylbewerbern beteiligt.

Berlin und Thüringen erwägen eine gemeinsame Klage mehrerer
Bundesländer gegen den Bund, um die Ablehnung durch das
Bundesinnenministerium rechtlich zu überprüfen. Eine rechtliche
Klärung dauere aber mehrere Jahre, erklärte Berlins Innensenator
Andreas Geisel (SPD). Deshalb müsse daneben ein schnellerer Weg
gefunden werden.

«Es ist sehr bedauerlich, dass Herr Seehofer Berlin und Thüringen
hier abgewiesen hat», sagte Vogt. «Wir unterstützen die Bereitschaft

einiger Länder und Kommunen, zusätzliche Geflüchtete aufzunehmen und

würden uns sehr freuen, wenn der Bundesinnenminister dem zustimmen
könnte. Die Länder und Kommunen können doch am besten beurteilen, wie

viele Ressourcen sie haben und wie vielen Menschen sie tatsächlich
helfen können.»

In einer Auskunft an die Linken-Bundestagsabgeordnete Petra Pau hatte
das Bundesinnenministerium (BMI) zuvor noch einmal unterstrichen:
«Die Erteilung des Einvernehmens liegt in der alleinigen
Ressortverantwortung des BMI.» Eine Abstimmung dazu mit anderen
Ressorts sei nicht erfolgt. Das Schreiben liegt der dpa vor, zuvor
hatte der Berliner «Tagesspiegel» darüber berichtet.

Das Ministerium bekräftigte darin seine Auffassung, dass die Aufnahme
von Migranten von den griechischen Inseln in Deutschland nicht mit
Hilfe von zwei unterschiedlichen Rechtsgrundlagen erfolgen sollte.
Bei der zwischen den Koalitionspartnern CDU, CSU und SPD verabredeten
Aufnahme von mehr als 900 Menschen von den griechischen Inseln müssen
die Migranten in Deutschland noch ein Asylverfahren durchlaufen. Bei
einem humanitären Aufnahmeprogramm mit einer anderen Rechtsgrundlage
würde der Anspruch auf Schutz hingegen schon vor der Einreise nach
Deutschland geprüft.

Pau hatte im «Tagesspiegel» kritisiert, dass Seehofer sein Nein nicht
mit Kabinettskollegen abgesprochen hatte. «Ich verlange, dass sich
die Bundesregierung insgesamt dazu erklärt, warum sie aufnahmebereite
Bundesländer brüskiert, statt sie für ihr Engagement zu loben und zu

unterstützen», erklärte sie. Die SPD-Politikerin Vogt sagte dazu:
«Die Bereitschaft der Länder zu Aufnahmeprogrammen sollte allerdings
tatsächlich einmal im Kabinett erörtert werden.»