Verbraucherschützer: VW hält europäische Kunden mit Schadenersatz hin

18.09.2020 01:00

Brüssel (dpa) - Fünf Jahre nach dem Auffliegen des «Dieselskandals»

werfen europäische Verbraucherschützer dem VW-Konzern vor, weiter mit
aller Macht Schadenersatzzahlungen an Kunden auszuweichen. Der
weltgrößte Autobauer fahre eine Hinhaltetaktik und nutze
Gesetzeslücken sowie den ungleichen Zugang europäischer Verbraucher
zur Justiz aus, teilte der Europäische Verbraucherverband Beuc in der
Nacht zum Freitag mit. «Nach einem Rechtsbruch in massivem Ausmaß hat
VW die gerechtfertigten Klagen der Verbraucher ignoriert»,
kritisierte Beuc-Generaldirektorin Monique Goyens. «Das werden wir
nicht dulden.»

Trotz eines Vergleichs mit dem deutschen Verbraucherzentrale
Bundesverband (vzbv) für etwa 250 000 VW-Besitzer verweigere der
Konzern ähnliche Verhandlungen mit Verbraucherschutzorganisationen in
anderen Ländern, betonte Beuc. «Es ist beschämend, dass sich
Volkswagen weigert, europäischen Verbrauchern den massiven Schaden,
den der VW-Betrug im Dieselskandal verursacht hat, auszugleichen,
obwohl US-Verbraucher entschädigt wurden», sagte Goyens.

Der Fall mache zudem deutlich, dass in den europäischen
Rechtssystemen Möglichkeiten fehlten, Massenklagen anzustoßen. Es
müsse sichergestellt werden, dass «den Verbrauchern bei einem zweiten
«Dieselgate» keine Entschädigung verweigert wird», sagte Goyens.
Mittlerweile wurde aber auch in der EU das Instrument der Sammelklage
auf den Weg gebracht.

Volkswagen hatte im September 2015 auf Druck von US-Umweltbehörden
eingeräumt, in großem Stil bei Abgastests betrogen zu haben. Durch
Abschalteinrichtungen («Defeat Devices») wurden Stickoxid-Messwerte
auf dem Prüfstand nach unten frisiert. Das Unternehmen stürzte in
eine tiefe Krise, die bisher rund 32 Milliarden Euro kostete. Es kam
zu zahlreichen zivil- und strafrechtlichen Verfahren.

In Deutschland hatten der Konzern und der vzbv einen
außergerichtlichen Vergleich für die etwa 250 000 teilnehmenden
Dieselkunden erzielt. Nach den jüngsten Urteilen des
Bundesgerichtshofs zum Abgasskandal stellt VW weiteren rund 50 000
Dieselkunden Schadenersatz in Aussicht. Im wichtigen Markt
Großbritannien etwa dürften erst ab Ende 2021/Anfang 2022 erste
Verfahren starten. In Italien oder Belgien könnte es ebenfalls noch
länger dauern.