EU verhängt Sanktionen wegen Verstößen gegen Libyen-Embargo

21.09.2020 17:47

Die EU erhöht den Druck auf Länder, die sich in den Libyen-Konflikt
einmischen. Jetzt gibt es erste Sanktionen. Weitere könnten nach
Entdeckungen von Marinesoldaten der Bundeswehr bald folgen.

Brüssel (dpa) - Die Europäische Union verhängt Sanktionen wegen
Verstößen gegen das UN-Waffenembargo gegen Libyen. Die Außenminister

der Mitgliedstaaten fassten am Montag in Brüssel einstimmig einen
entsprechenden Beschluss. Die Strafmaßnahmen richten sich gegen
Unternehmen, die Schiffe, Flugzeuge oder andere Logistik für den
Transport von Kriegsmaterial bereitgestellt haben. Konkret geht es
nach EU-Angaben um drei Firmen aus der Türkei, Jordanien und
Kasachstan. Zudem werden zwei Personen sanktioniert, die auch für die
Tötung und Misshandlung von Migranten verantwortlich sein sollen.

Im Libyen herrscht seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar
al-Gaddafi im Jahr 2011 Bürgerkrieg. Die Regierungstruppen werden von
der Türkei unterstützt, ihr Gegner, General Chalifa Haftar, wiederum
von Ägypten, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und
Russland. Alle Versuche, in dem Konflikt zu vermitteln, blieben
bisher erfolglos - auch eine Libyen-Konferenz in Berlin im Januar.

Für Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien ist eine Lösung
auch wichtig, weil die chaotischen Zustände das Geschäft von
Schlepperbanden begünstigen, die Migranten illegal über das
Mittelmeer nach Europa bringen.

Die beschlossenen Sanktionen umfassen Reise- und Vermögenssperren.
Zudem dürfen europäische Unternehmen mit den betroffenen Unternehmen
und Personen keine Geschäfte mehr machen.

Die Vereinten Nationen werfen vor allem Jordanien, der Türkei und den
Vereinigten Arabischen Emiraten vor, den Libyen-Konflikt mit
Waffenlieferungen und Söldnern anzuheizen. Beim Libyen-Gipfel hatten
sich zumindest die Türkei und die Emirate verpflichtet, das Embargo
einzuhalten. Nach UN-Angaben wurden die Lieferungen aber unvermindert
fortgesetzt.

Erst vor knapp zwei Wochen stoppte die Besatzung einer im Mittelmeer
patrouillierenden deutschen Fregatte ein aus den Vereinigten
Arabischen Emiraten kommendes Tankschiff, das vermutlich für
Militärflugzeuge bestimmtes Kerosin geladen hatte. Die Bundeswehr
beteiligt sich mit der Fregatte «Hamburg» seit August an der
EU-Operation Irini. Neben Waffen soll der Einsatz auch das Schmuggeln
von Öl und Kraftstoff verhindern.

Auf die jetzt beschlossenen Sanktionen hatte vor allem Frankreich
gedrungen, nachdem eine französische Fregatte von einem türkischen
Kriegsschiff daran gehindert worden war, ein verdächtiges
Frachtschiff zu kontrollieren. Nach französischer Darstellung
richtete das Kriegsschiff sogar sein Feuerleitradar auf die Fregatte.
Da solche Systeme in der Regel nur benutzt werden, um Zieldaten für
den Gebrauch von Waffensystemen zu liefern, war dies von Frankreich
als «extrem aggressiv» gewertet worden.