Neuer EU-Aktionsplan soll Kapitalmarktunion vorantreiben

18.09.2020 16:57

Seit langem schon arbeitet die EU an der Vereinheitlichung von
Finanz- und Kapitalmärkten. Das Thema treibt die Branche gerade
angesichts der Unwägbarkeiten für die Finanzbranche im Zusammenhang
mit dem britischen EU-Austritt um. Nun drückt Brüssel aufs Tempo.

Brüssel (dpa) - Mit mehreren Maßnahmen will die EU-Kommission die
Finanz- und Kapitalmärkte in der Gemeinschaft weiter
vereinheitlichen. Der neue Aktionsplan zur Kapitalmarktunion, der an
diesem Mittwoch vorgestellt werden soll, nimmt direkt Bezug auf den
Skandal um den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard, der
Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt hatte. Ziel sei,
mögliche Mängel bei der Finanzaufsicht zu beheben, betont die
Brüsseler Behörde in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur
vorliegt. Dazu gehört auch die Idee, ein einheitliches EU-Siegel für
Finanzberater einzuführen. Zuvor hatte die «Süddeutsche Zeitung»
darüber berichtet.

Außerdem will die Kommission Investitionen sowie die Besteuerung von
Kapitalerträgen im EU-Ausland vereinfachen. Das Insolvenzrecht soll
angeglichen werden. «Es bleibt viel zu tun, und nun ist es an der
Zeit, die Anstrengungen zu verstärken», betont die Brüsseler Behörd
e
in dem Entwurf. «Die in diesem Aktionsplan angekündigten Maßnahmen
werden das EU-Finanzsystem weiter verändern und zur Bewältigung der
bevorstehenden politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen
beitragen.»

Doch dem CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber geht der Vorschlag
nicht weit genug. «Der Aktionsplan ist alter Wein in neuen
Schläuchen», sagte Ferber. «Anstatt alle zwei Jahre dieselben
Forderungen in einen neuen Aktionsplan zu schreiben, täte die
Kommission gut daran, diesmal endlich dafür zu sorgen, dass die
Maßnahmen auch umgesetzt werden.» Ferber betonte mit Blick auf den
Brexit, leistungsfähige Kapitalmärkte seien für die Finanzierung der

Realwirtschaft wichtiger denn je. «Jetzt wäre die Zeit, bei der
Kapitalmarktunion endlich messbare Fortschritte zu machen.»

Bei der Kapitalmarktunion geht es im Kern darum, bürokratische Hürden
zwischen den einzelnen Staaten der Europäischen Union abzubauen, um
so Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen.
Verbraucher sollen zudem mehr Möglichkeiten für grenzüberschreitende

Geldanlagen bekommen. Kredite und Finanzierungen werden in Europa -
im Gegensatz etwa zu den USA - hauptsächlich von Banken vergeben.

Die EU-Kommission betont, dass die Vereinheitlichung von Finanz- und
Kapitalmärkten die Erholung der EU von der Covid-19-Pandemie
beschleunige. Zudem könnten damit Mittel bereitgestellt werden, um
den «Green Deal» von Kommissionschefin Ursula von der Leyen
umzusetzen, Europa fit für das digitale Zeitalter zu machen und
soziale Herausforderungen anzugehen.

Geplant ist zudem unter anderem eine EU-weite Plattform - genannt
European Single Access Point -, die Anlegern einen nahtlosen Zugang
zu Informationen zu Finanzen und Nachhaltigkeit von Unternehmern
ermöglicht. Regeln für eine Wertpapier-Notierung an der Börse sollten

vereinfacht werden, um kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang
zu Investitionen zu erleichtern.

Die Kommission betont in dem Dokument, dass europäische Banken besser
mit Kapital ausgestattet seien als vor der Finanzkrise 2008/09.
Allerdings kämen Unternehmen mit höheren Schulden aus der
Corona-Krise und benötigten mehr Eigenkapitalinvestitionen.

In ihrer Rede zum Zustand der EU hatte Kommissionspräsidentin von der
Leyen am Mittwoch betont: «Wir müssen jetzt die Gelegenheit nutzen,
um strukturelle Reformen in unseren Volkswirtschaften anzupacken und
die Kapitalmarktunion und die Bankenunion zu vollenden.» Das sei
wichtig, damit Unternehmen Zugang zu dem Kapital bekommen, mit dem
sie ihr Wachstum und den Wiederaufbau finanzieren können. «Packen wir
es an und stellen dieses Generationenprojekt endlich fertig», hatte
von der Leyen gesagt.