EU: Mit Supercomputern und schnellem Netz ins «digitale Jahrzehnt»

18.09.2020 17:17

Europäische Cloud, europäische E-Identität, neue Supercomputer: Die
EU-Kommissionschefin von der Leyen will digital hoch hinaus. Nun wird
ihre Behörde konkret.

Brüssel (dpa) - Mit Milliardeninvestitionen in die nächste Generation
von Supercomputern sowie einem Ausbau der Netzinfrastruktur will die
Europäische Union ein «digitales Jahrzehnt» schaffen. «Wie wir im
Kampf gegen die Corona-Pandemie sehen, unterstützen Supercomputer
bereits heute die Suche nach Therapien, die Erkennung und Vorhersage
der Infektionsverbreitung oder die Entscheidungsfindung über
Eindämmungsmaßnahmen», sagte die Vizepräsidentin der EU-Kommission,

Margrethe Vestager, am Freitag in Brüssel.

Deshalb sollen in Europa acht Milliarden Euro in die nächste
Generation von Supercomputern fließen. Hochleistungsrechner könnten
zudem einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten - zum
Beispiel indem sie helfen, die Stromversorgung effizienter zu machen,
sagte Vestager. Die Milliarden werden es Europa nach Angaben der
Brüsseler Behörde erlauben, Rechner zu betreiben, die mehr als eine
Trillion Rechenoperationen pro Sekunde ausführen können. Zudem soll
es Infrastrukturen geben, die sogenannte Quantencomputer mit
klassischen Rechnern kombinieren.

Finanziert werden soll das neue europäische Supercomputer-System mit
3,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt und einem ebenso großen
Betrag aus den nationalen Haushalten europäischer Staaten. Eine
weitere Milliarde Euro würde in Form von Geld- und Sachleistungen von
nicht-staatlichen Unterstützern der Initiative kommen.

Neben ihrer Supercomputer-Initiative stellte die Kommission am
Freitag auch eine Empfehlung für einen Ausbau von
Breitbandverbindungen mit sehr hoher Kapazität vor.
«Breitbandverbindungen und 5G-Konnektivität bilden die Grundlage für

den ökologischen und digitalen Wandel der Wirtschaft, unabhängig
davon, ob es um Verkehr und Energie, Gesundheit und Bildung oder
Fertigung und Landwirtschaft geht», sagte Vestager.

Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton merkte
an, dass sich die Investitionen in diesen Bereich in jüngster Zeit
dennoch verlangsamt hätten. Breton mahnte Tempo bei der Vergabe von
5G-Frequenzen an. Der superschnelle neue Datenfunk führe nicht nur zu
schnelleren Downloadzeiten für Filme, sagte er. Er sei vielmehr
notwendig für zahlreiche Bereiche wie Telemedizin, Robotik,
Künstliche Intelligenz, Sicherheit, Verkehrsmanagement oder
Energienetze - «alles, das wichtig ist für uns alltägliches Leben».


EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte in ihrer Rede
zur Lage der Union am Mittwoch bereits die Milliardeninvestitionen
angekündigt. Ziel seien zudem der Aufbau einer europäischen Cloud zur
Datenspeicherung sowie eine sichere europäische digitale Identität.
Vestager sagte nun mit Blick auf Tech-Riesen wie Google, Apple oder
Facebook: «Wir dürfen nicht zulassen, dass eine Handvoll von
Digitalunternehmen die Spielregeln definiert.» Größe bedeute
Wirtschaftsmacht und gefährde zum Teil den Wettbewerb.

Vestager kündigte an, die Kommission wolle im Dezember ein Gesetz
vorlegen, dessen Ziel ein Binnenmarkt für digitale Dienstleistungen
sei, basierend auf europäischen Werten. Alle Bürger würden davon
profitieren, etwa wenn sie ihre Steuererklärung digital erstellen
oder elektronische Rezepte grenzübergreifend in Apotheken einlösen
könnten. Vernetzte Kassensysteme würden zudem helfen, Steuerbetrug zu
vermeiden. «Wir müssen unsere Daten unter Kontrolle haben», betonte
Vestager. Dabei könne die E-Identität helfen.