Brexit-Streit Thema beim EU-Gipfel - Topanwältin Clooney gibt Amt auf

18.09.2020 19:07

Der Versuch Londons, Teile des gültigen Brexit-Deals auszuhebeln, ist
Thema beim nächsten EU-Sondergipfel. Staranwältin Amal Clooney zog
bereits Konsequenzen aus dem Verhalten der britischen Regierung.

Brüssel/London (dpa) - Der Brexit-Streit mit Großbritannien wird
nächste Woche den EU-Sondergipfel beschäftigen. Die Staats- und
Regierungschefs würden den Stand der Dinge kurz beraten, sagte ein
EU-Beamter am Freitag nach einem Treffen von Unterhändler Michel
Barnier mit Ratschef Charles Michel. Die EU bleibe bei ihrer Haltung:
Das mit Großbritannien vereinbarte Austrittsabkommen müsse
vollständig umgesetzt werden. «Die EU ist weder eingeschüchtert noch

beeindruckt, aber ein internationales Abkommen zu brechen, ist extrem
besorgniserregend.» Der Gipfel ist am 24. und 25. September geplant.

Hintergrund sind Pläne der britischen Regierung für ein sogenanntes
Binnenmarktgesetz, das den 2019 mit der EU ausgehandelten
Brexit-Vertrag zum Teil aushebeln würde. Die EU sieht das als
Rechtsbruch und fordert eine Rücknahme der umstrittenen Klauseln bis
Ende September. London treibt die Verabschiedung dennoch voran.

Aus Protest gegen die Haltung der Regierung trat Staranwältin Amal
Clooney von ihrem Amt als Sonderbeauftragte Großbritanniens für
Pressefreiheit zurück. Sie habe keine andere Wahl gehabt, teilte die
Ehefrau von Hollywood-Schauspieler George Clooney mit. Die Regierung
habe ihr nicht zusichern wollen, von diesem Standpunkt abzuweichen,
heißt es in einem Brief der britisch-libanesischen
Menschenrechtsanwältin an Außenminister Dominic Raab.

Die EU ist trotz des Streits nach eigenen Angaben weiter an einem
Vertrag über die künftigen Beziehungen interessiert. «Aber das
erfordert substanziellen Fortschritt bei zentralen Themen», betonte
der EU-Beamte. Dazu zählen gleiche Wettbewerbsbedingungen durch
ähnlich strenge Umwelt-, Sozial- und Subventionsregeln und
Fischereirechte. «Die verfügbare Zeit, um das zu schaffen, ist kurz.»


Der britische Premierminister Boris Johnson hatte eine Frist bis zum
15. Oktober für eine Einigung über den geplanten Handelspakt gesetzt.
Die EU-Seite hält einen Abschluss bis Ende Oktober für nötig, damit
ein etwaiger Vertrag noch ratifiziert werden kann. Ohne Vertrag droht
zum Ende der Brexit-Übergangsphase zum Jahreswechsel ein harter
wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und Handelshemmnissen.