Karte, Handy, Smartwatch: Brüssel will Bezahllösung für die ganze EU Von Verena Schmitt-Roschmann, dpa

19.09.2020 08:00

Wer keine internationale Kreditkarte hat, kann beim elektronischen
Bezahlen in einem anderen EU-Land schon mal aufgeschmissen sein. Die
EU-Kommission will gegensteuern.

Brüssel (dpa) - Elektronisches Bezahlen soll in der Europäischen
Union einheitlicher, schneller und sicherer werden. Bereits Ende 2021
sollen Überweisungen in Echtzeit EU-weit die Norm sein. Dies ist das
Ziel einer neuen Strategie zum Bezahlen im Einzelhandel, die die
EU-Kommission nächsten Mittwoch beschließen will. Sie liegt der
Deutschen Presse-Agentur im Entwurf vor.

Hintergrund ist die rasante Entwicklung verschiedener elektronischer
Bezahllösungen von der EC- oder Kreditkarte über Handy-Apps bis zur
Smartwatch, die mit der Corona-Krise nochmals Schub bekommen haben.
Die EU-Kommission beklagt, der europäische Markt sei immer noch
zerstückelt. Mit Ausnahme von Kreditkarten globaler Anbieter und
Lösungen großer Technologiekonzerne gebe es keine digitale
Bezahllösung, die in ganz Europa in Läden und Online genutzt werden
könne. Ziel seien wettbewerbsfähige, eigene pan-europäische Lösunge
n.

Ein zentraler Punkt ist für die Kommission die Verfügbarkeit
sogenannter Echtzeitüberweisungen - auf Englisch «Instant Payments» -

bei denen Geld in Sekundenschnelle direkt auf das Konto des
Empfängers gebucht wird. «Die Kommission zielt auf volle Durchsetzung
von Instant Payments in der EU bis Ende 2021», heißt es in dem
Strategiepapier. Nötig seien dafür einheitliche Regeln, einheitliche
technische Standards und die entsprechende Infrastruktur.

Um Verbraucher von der Nutzung zu überzeugen, fordert die Kommission
ähnlich günstige Regeln wie für andere Zahlungsmethoden wie
Kartenzahlung. Speziell geht es um die Möglichkeit der Erstattung,
denn bisher lässt sich eine Sofortüberweisung - anders als eine
herkömmliche Banküberweisung - bei einem Fehler nicht stoppen. Die
Kommission räumt ein, dass dafür Kosten entstehen könnten und will
Gebühren für Verbraucher notfalls deckeln.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber begrüßte die Pläne. «Die
Strategie für den Zahlungsverkehr setzt an den richtigen Stellen an:
Sicherheit, Zuverlässigkeit und Schnelligkeit müssen bei allen
Initiativen im Vordergrund stehen», meinte Ferber. Kosten sollten
dabei nicht vergessen werden. «Wenn die Vorhaben aus der Strategie
für den digitalen Zahlungsverkehr zügig umgesetzt werden, gibt es in
der EU keinen Bedarf für virtuelle Währungen mehr», fügte er hinzu.

Bargeld dürfe bei aller Digitalisierung des Zahlungsverkehrs nicht
unter die Räder kommen.

Tatsächlich bekennt sich die Kommission klar zur Zukunft des
Bargelds. Es soll auf Dauer erhalten bleiben ebenso wie die Pflicht
für Händler, Scheine und Münzen zum vollen Nennwert anzunehmen. In
der Eurozone würden immer noch 78 Prozent aller Transaktionen in bar
abgewickelt, heißt es in dem Strategiepapier. Deutschland gehört
neben Österreich, der Slowakei und Slowenien zu den Ländern, die noch
besonders am Bargeld hängen - anders etwa als Estland oder die
Niederlande.