Grüne: Defizite in Anti-Geldwäsche-Kampf sind «Staatsversagen»

21.09.2020 03:30

Brüssel/Berlin (dpa) - Die Grünen im Europaparlament haben die durch
ein internationales Journalisten-Team aufgedeckten Defizite im Kampf
gegen Geldwäsche als «Staatsversagen in großem Stil» kritisiert.
«Dieser Weckruf kommt zur rechten Zeit», sagte der wirtschafts- und
finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Sven Giegold. «Es ist
skandalös, dass internationale Großbanken auch nach der globalen
Finanzkrise Geldwäsche in großem Stil zulassen.» Alle Versprechen der

Banken, die Finger von kriminellem Geld zu lassen, seien spätestens
jetzt unglaubwürdig: «Mit einem erfolgreichen Kampf gegen
Steuerdumping und Finanzkriminalität wären die öffentlichen Kassen
voll statt leer.»

Die am Sonntagabend von dem Recherche-Netzwerk bekannt gemachten
Informationen aus einem Datenleck des US-Finanzministeriums
offenbaren nach Angaben der beteiligten Medien, dass Banken aus aller
Welt über Jahre hinweg Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt
haben. Die Institute hätten trotz strenger Regularien mutmaßliche
Kriminelle als Kunden akzeptiert und für diese Überweisungen in
Milliardenhöhe ausgeführt. Gemeldet wurden diese Vorgänge den
Berichten zufolge mitunter zögerlich und teils mit jahrelanger
Verspätung.

Die Grünen werden Giegold zufolge im neuen Steuer-Ausschuss des
Europaparlaments eine Auswertung und eine Anhörung zu dem Datenleck
auf den Weg bringen. «Interessant dürfte vor allem sein, wann genau
welche der beteiligten Banken zuletzt fragwürdige Geschäfte gemacht
hat», sagte der Finanzpolitiker. Die Globalisierung des Verbrechens
benötige eine europäische Reaktion. Die gemeinsame Geldwäscheaufsicht

mit einer europäischen Financial Intelligence Unit (FIU) müsse jetzt
rasch kommen. Der Widerstand vieler Mitgliedstaaten gegen eine
europäische FIU sei ein Skandal.

Auch in Deutschland müsse die große Zahl an Geldwäscheskandalen
wirksame Konsequenzen haben. Die beim Zoll angesiedelte FIU müsse
schlagkräftiger werden. Das verschärfte Unternehmenssanktionsrecht
müsse zügig ohne weitere Verwässerungen beschlossen werden, forderte

Giegold. Alle Bundesländer müssten die zuständigen Polizeibehörden

und Staatsanwaltschaften stärken: «Die strengsten Gesetze sind nichts
wert, wenn die Strafverfolgungsbehörden ausgehungert werden.»