Migration: Hilfsorganisationen fordern Strafverfahren gegen Athen

22.09.2020 00:01

Brüssel (dpa) - Zwei Hilfsorganisationen haben Griechenland im Umgang
mit Asylbewerbern systematischen Bruch von EU-Recht vorgeworfen und
die EU-Kommission zum Handeln aufgefordert. Die Brüsseler Behörde
müsse ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Athen
einleiten, heißt es in einer Beschwerde, die am Dienstag im Namen von
Oxfam und WeMove Europe an die EU-Kommission ging.

Die Organisationen werfen Griechenland unter anderem sogenannte
Pushbacks vor, bei denen Migranten unter Anwendung von Gewalt und
ohne Berücksichtigung ihrer individuellen Umstände unmittelbar nach
ihrem Überqueren der Grenze wieder in Richtung Türkei zurückgedräng
t
werden. Zudem würden Schutzmaßnahmen im Asylverfahren auf eklatante
Weise missachtet. So biete die jüngste griechische Asylreform nur
eine geringe Chance auf ein faires Asylverfahren. Die
Einspruchsfristen bei abgelehnten Anträgen seien mitunter abgelaufen,
bevor der Betroffene über die Entscheidung informiert worden sei.

«Die EU-Kommission ist die Hüterin des EU-Rechts und sollte die
Grundrechte aller Menschen in Europa aufrechterhalten und schützen»,
sagte die Chefin des EU-Büros von Oxfam, Marissa Ryan, der Mitteilung
zufolge. Der Großbrand des Flüchtlingslagers Moria vergangene Woche
habe gezeigt, dass Europa in dieser Hinsicht versagt habe.

Die EU-Kommission überwacht in der Staatengemeinschaft unter anderem
die Einhaltung von EU-Recht. Verstößt ein Land ihrer Meinung nach
gegen das gemeinsame Recht, kann die Behörde ein Verfahren wegen
Vertragsverletzung einleiten, an dessen Ende eine Klage vor
dem Europäischen Gerichtshofs - und später auch eine saftige
Geldstrafe stehen kann.

Die EU-Staaten sind seit Jahren tief zerstritten über die gemeinsame
Asyl- und Migrationspolitik. Am Mittwoch will die EU-Kommission
deshalb Reformvorschläge vorlegen.