Beobachter des Europarats besorgt über Lage türkischer Juristen

22.09.2020 12:44

Straßburg (dpa) - Beobachter der Parlamentarischen Versammlung des
Europarats haben sich besorgt über die Lage türkischer Juristen
geäußert. Anwälte sollten nicht wegen der Ausübung ihres Berufs unt
er
Strafe gestellt oder wegen zweifelhafter Anschuldigungen verurteilt
werden, teilte die Generalberichterstatterin zur Situation von
Menschenrechtsverteidigern in den Mitgliedstaaten des Europarates,
Alexandra Louis, am Dienstag mit. Die Beobachter der
Staatenorganisation forderten die türkischen Behörden auf,
Repressalien gegen Anwälte zu beenden.

Sie wiesen auf die jüngsten Verhaftungen und Kanzlei-Durchsuchungen
hin. «Diese Maßnahmen tragen nicht dazu bei, die richtigen
Bedingungen für die Arbeit von Anwälten zu schaffen», betonte Louis.

Die türkischen Behörden müssten die Europäische
Menschenrechtskonvention und die Standards für Rechtsstaatlichkeit
respektieren, forderten die Co-Berichterstatter Thomas Hammarberg und
John Howell.

Juristen in der Türkei sehen sich großem Druck ausgesetzt. Das
türkische Parlament hat im Juli eine umstrittene Gesetzesänderung zur
Neuorganisation von Anwaltskammern verabschiedet. Unter anderem die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte die Reform
scharf. Ziel sei es, die Kammern politisch zu untergraben. Seit dem
Putschversuch im Jahr 2016 geht die Türkei regelmäßig mit Razzien
gegen mutmaßliche Terroristen vor. Dabei stehen besonders Justiz,
Militär und Polizei im Fokus.

In der Parlamentarischen Versammlung des Europarats sitzen
Abgeordnete aus den nationalen Parlamenten aller Mitgliedsländern,
darunter auch der Türkei. Die Berichterstatter informieren das
Parlament und die Öffentlichkeit über die Lage der Menschenrechte in
den 47 Mitgliedsstaaten des Europarats, der seinen Sitz im
französischen Straßburg hat. Zusammen mit dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte kümmert sich der Staatenverbund um die
Einhaltung und den Schutz der Menschenrechte. Beide Institutionen
gehören nicht zur Europäischen Union.