EU-Klimagesetz und Artenschutz: EU-Umweltminister treiben Pläne voran

23.10.2020 18:30

Die EU-Staaten sind sich einig über ein Klimagesetz - allerdings mit
einer wichtigen Leerstelle: Wie stark sollen die Treibhausgase bis
2030 sinken? Der Beschluss wird im Dezember Chefsache.

Luxemburg (dpa) - Im Streit über schärfere EU-Klimaziele haben die
Umweltminister am Freitag zumindest eine Teileinigung geschafft. Sie
billigten eine Vorlage für das geplante EU-Klimagesetz, das die EU
bis 2050 «klimaneutral» machen soll. Der zentrale Knackpunkt - das
Etappenziel für 2030 - blieb aber offen. Darüber soll erst der
EU-Gipfel im Dezember entscheiden. Umweltschützer kritisierten die
Verzögerung. Einen anderen Beschluss der Minister lobten sie
hingegen: eine Strategie zum Erhalt der Artenvielfalt bis 2030.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze leitete die Verhandlungen in
Luxemburg im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und sprach
anschließend von einem sehr erfolgreichen Treffen. «Es macht mich
sehr froh, dass wir so konstruktiv, so kollegial, so ernsthaft
Entscheidungen zu wichtigen umweltpolitischen Themen erreichen
konnten», sagte die SPD-Politikerin.

Das Klimagesetz soll Etappen und Bedingungen festlegen, wie die
Europäische Union bis Mitte des Jahrhunderts «klimaneutral» werden
will. Dann sollen alle Treibhausgase vermieden oder gespeichert
werden. Auf dem Weg dorthin soll auch das Klimaziel für 2030
drastisch verschärft werden. Die EU-Kommission hatte eine Senkung der
Treibhausgase um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990
vorgeschlagen - statt wie bisher geplant 40 Prozent.

Deutschland unterstützt den Kommissionsvorschlag, doch Länder wie
Polen, Ungarn, Bulgarien oder Rumänien fordern zunächst Klarheit über

Lasten und finanzielle Hilfen auf dem Weg zum neuen Ziel für 2030.

EU-Kommissionsvize Frans Timmermans betonte, dieses Etappenziel müsse
so schnell wie möglich kommen. Denn nach dem Pariser Klimaabkommen
müsse die EU noch dieses Jahr ihre neue Zielmarke an die Vereinten
Nationen melden.

Das Pariser Abkommen von 2015 legt fest, dass die globale Temperatur
im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um weniger als 2 Grad steigen
soll, möglichst sogar nur um 1,5 Grad. Das soll verheerende Folgen
des Klimawandels wie Dürren, Überschwemmungen, Stürme und Eisschmelze

begrenzen. Die Vertragspartner haben zugesagt, ihre Ziele regelmäßig
nachzubessern.

Schulze sagte, auch wenn das Ziel für 2030 vorerst offen bleibe, sei
eine Teileinigung der EU-Staaten auf den übrigen Text des
Klimagesetzes wichtig. Ob darüber bereits jetzt mit dem
Europaparlament verhandelt wird, ließ sie noch offen. Der Vorsitzende
des Parlaments-Umweltausschusses, Pascal Canfin, drang jedoch auf
einen raschen Start und eine politische Einigung noch vor dem fünften
Jahrestag des Paris-Abkommens am 12. Dezember.

Schnell einig wurden sich die Umweltminister beim Schutz der
Artenvielfalt. Sie stellten sich hinter Ziele der
Biodiversitäts-Strategie der EU-Kommission vom Mai. Demnach sollen
die Naturschutzflächen in der EU bis 2030 von 18 auf 30 Prozent der
Land- und Meeresflächen ausgeweitet und ein Drittel davon unter
strengen Schutz gestellt werden. Im Beschluss der Minister heißt es,
mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr sollten für den Erhalt der
Natur ausgegeben werden.

Erst diese Woche hatte die EU-Umweltbehörde EEA Alarm geschlagen,
dass die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten in Europa weiter
zurückgehe. Vor allem intensive Landwirtschaft und Zersiedelung
nehmen ihnen den Lebensraum. Der Umweltverband WWF nannnte den
Beschluss zur Biodiversität einen Hoffnungsschimmer. Beim Klima
hätten die Minister hingegen «auf ihren Händen gesessen».

Ja sagten die Minister zur Reform der Trinkwasser-Richtlinie, die
bereits vor Monaten vorbereitet worden war. Die Hauptziele:
Trinkwasser soll durch strengere Regeln für Leitungsmaterial und
mögliche Schadstoffe überall der EU sicherer werden. Zudem soll es
üblicher werden, in Restaurants oder Kantinen Leitungswasser gratis
oder billig zu bekommen. Nun fehlt noch die letzte Zustimmung des
EU-Parlaments. Dann könnten die neuen Regeln in Kraft treten.