Frankreich plant neue Corona-Maßnahmen - Ausgangssperre in Tschechien

28.10.2020 04:45

Ausgangssperre in Tschechien, Kontaktbeschränkungen in Norwegen,
Städte in Litauen unter Quarantäne: Gegen den dramatischen Anstieg
der Infektionszahlen setzen zahlreiche europäische Länder auf neue
Einschränkungen.

Paris/Prag/Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen die zweite Welle der
Corona-Epidemie will die französische Regierung die Schraube weiter
anziehen. Neue Maßnahmen seien unerlässlich, teilte Premierminister
Jean Castex am Dienstagabend auf Twitter mit. Ins Detail ging er
dabei nicht. Staatschef Emmanuel Macron werde sich am Mittwochabend
an seine Landsleute wenden, hieß es in Kreisen des Élyséepalastes
ohne weitere Einzelheiten. Auch andere europäische Länder setzen auf
schärfere Maßnahmen - so dürfen Menschen in Tschechien nun
ihre Häuser nachts nicht mehr verlassen.

In Frankreich wird über eine mögliche Ausweitung der bereits
geltenden nächtlichen Ausgangssperre in 54 Départements oder einen
Lockdown spekuliert, also eine weitere Einschränkung des öffentlichen
Lebens - entweder auf nationaler Ebene oder in einzelnen, besonders
betroffenen Regionen. Regierungschef Castex kündigte für Donnerstag
eine Erklärung im Parlament an.

Die Corona-Lage verschlechtert sich in dem Land mit 67 Millionen
Einwohnern seit Wochen dramatisch. Die Zahl der Neuinfektionen
erreichte in der vergangenen Woche mehrmals Spitzenwerte. Auch die
Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten Todesopfer binnen 24 Stunden
stieg stark an - am Dienstagabend meldeten die Behörden 523. Damit
wurde wieder das hohe Niveau vom April erreicht. Die Gesamtzahl der
Todesopfer liegt nun bei 35 500.

Am Sonntagabend wurden erstmals seit Beginn der großflächigen
Testungen mehr als 52 000 Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden
erfasst. Es gilt bereits eine nächtliche Ausgangssperre für rund zwei
Drittel der Einwohner, also rund 46 Millionen Menschen.

Tschechien hat erstmals eine nächtliche Ausgangssperre eingeführt.
Zum Start galt sie in der Nacht zum Mittwoch zunächst nur von
Mitternacht bis 04.59 Uhr morgens, künftig gilt sie jeweils zwischen
21.00 Uhr und 4.59 Uhr. Die Regierung in Prag begründete den Schritt
damit, dass private Feiern und Treffen verhindert werden sollen.
Ausnahmen gelten unter anderem für das Gassigehen mit dem Hund in
einem Umkreis von 500 Metern um den Wohnort. In Tschechien steckten
sich der EU-Gesundheitsagentur ECDC zufolge binnen 14 Tagen 1379,8
Menschen je 100 000 Einwohner an. Das war nach Belgien der
zweithöchste Wert in der EU.

Litauen stellt an diesem Mittwoch unter anderem die drei größten
Städte - Vilnius, Kaunas und Klaipeda - unter Quarantäne. Hier gelten
eine Maskenpflicht in nahezu allen öffentlichen Räumen sowie
strengere Einschränkungen für das Kultur-, Freizeit-, und Sportleben.
In Norwegen sind die Menschen nun angehalten, nicht mehr als fünf
Gäste in den eigenen vier Wänden zu begrüßen. Die Regierung in
Lettland setzte am Dienstag die erlaubte Teilnehmerzahl bei privaten
Feiern auf zehn Personen herab. Bei öffentlichen Veranstaltungen
dürfen sich in dem baltischen EU-Land künftig nicht mehr als 300
Personen zusammenfinden. Beide Regeln gelten vom 30. Oktober an für
den Innen- und Außenbereich. 

EU-Ratschef Charles Michel forderte im Kampf gegen die Corona-Krise
dringend eine gemeinsame Linie der 27 EU-Staaten bei
Quarantäneregeln, Tests und Tracing-Apps. Bisher habe man noch nicht
die gewünschten Ergebnisse erzielt, kritisierte Michel am Dienstag.
Jetzt sei entschlossenes Handeln gefordert. «Jeder Tag zählt.» Michel

äußerte sich vor dem für Donnerstag geplanten Corona-Videogipfel der

EU-Staats- und Regierungschefs äußerst besorgt. «Die Situation
eskaliert von besorgniserregend zu alarmierend», schrieb der
Ratspräsident in einem Newsletter. «Jetzt müssen wir eine Tragödie

verhindern.» In Brüssel will sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula
von der Leyen am Mittwochmittag zu einer besseren Abstimmung der
EU-Staaten bei Gesundheitsmaßnahmen äußern.