Türkei erzwingt Abbruch von deutscher Waffenembargo-Kontrolle

23.11.2020 12:52

Berlin/Brüssel (dpa) - Die Türkei hat den Abbruch eines Einsatzes
deutscher Marinesoldaten zur Kontrolle des UN-Waffenembargos gegen
Libyen erzwungen. Nach Angaben des Einsatzführungskommandos waren die
deutschen Soldaten am Sonntag im Mittelmeer an Bord eines
verdächtigen türkischen Frachtschiffes gegangen, um die Ladung zu
kontrollieren. Wenig später habe dann allerdings die Türkei als
Flaggenstaat ein Veto gegen die Durchsuchung des Schiffes eingelegt.
Die deutschen Soldaten mussten daraufhin den Einsatz abbrechen.

Laut Bundesverteidigungsministerium konnten bis zum Abbruch der
Untersuchung «an Bord dieses Frachters keine verbotenen Güter
festgestellt werden». Ein Sprecher des Ministeriums sagte am Montag
in Berlin, die Soldaten hätten sich rund 200 Kilometer nördlich der
Stadt Bengasi per Hubschrauber auf das Schiff abgeseilt, nachdem es
binnen vier Stunden gegen die Durchsuchung zunächst keinen
Widerspruch seitens des Flaggenstaates Türkei gegeben habe. Er
betonte, die Entscheidung, den Frachter zu durchsuchen, sei nicht
etwa auf der deutschen Fregatte getroffen worden, sondern von der
Einsatzleitung in Rom. Da es zunächst keinen Widerspruch gegeben
habe, sei «hier verfahrensmäßig alles sauber gelaufen», sagte eine

Sprecherin des Auswärtigen Amtes.

Deutschland beteiligt sich seit August mit der Fregatte «Hamburg» an
der EU-Operation Irini zur Kontrolle des Libyen-Embargos. Neben
Waffen soll der Einsatz auch das Schmuggeln von Öl und Kraftstoff
verhindern.

Im Libyen herrscht seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar
al-Gaddafi im Jahr 2011 Bürgerkrieg. Die Regierungstruppen werden von
der Türkei unterstützt, ihr Gegner, General Chalifa Haftar, von
Ägypten, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland.
Zuletzt einigten sich die Konfliktparteien Ende Oktober auf einen
Waffenstillstand. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte,
Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich unterstützen das
laufende libysche Dialogforum. Es sei gut, dass es jetzt eine Roadmap
hin zu Wahlen im Dezember 2021 gebe. Dies sei ein wichtiger Schritt,
um «Libyens Souveränität wieder zu etablieren».