EZB bleibt in Alarmbereitschaft - Lockdowns belasten Konjunktur

21.01.2021 15:53

Die Europäische Zentralbank ist bereit, in der Corona-Krise
nachzulegen. Zunächst verschärfen die Währungshüter ihren
Anti-Krisen-Kurs jedoch nicht. Den starken Euro haben sie im Blick.

Frankfurt/Main (dpa) - Trotz verschärfter Lockdowns in vielen
Eurostaaten legen Europas Währungshüter im Kampf gegen die
wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise vorerst eine Pause ein. Erst
im Dezember hatte die Europäische Zentralbank (EZB) massiv
nachgelegt. Bei seiner ersten Sitzung im neuen Jahr bestätigte der
EZB-Rat am Donnerstag den expansiven geldpolitischen Kurs der
Notenbank in Frankfurt.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte die Bereitschaft der
Notenbank, in der Krise nochmals nachzulegen und alle Instrumente
anzupassen. «Der Start der Impfungen ist ein wichtiger Meilenstein»,
sagte die Französin. Es werde aber Zeit brauchen, bis Herdenimmunität
erreicht sei.

Die Pandemie bleibe ein großes Risiko für die Wirtschaft im Euroraum
sowie global, sagte Lagarde. Die Wirtschaftsaktivität im Euroraum
dürfte im vierten Quartal 2020 gesunken sein. Die verschärften
Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie in vielen Euroländern
belasteten zudem die wirtschaftliche Entwicklung zu Anfang des neuen
Jahres.

Das vor sechs Wochen um 500 Milliarden aufgestockte Notkaufprogramm
der EZB für Staatsanleihen und Wertpapiere von Unternehmen (Pandemic
Emergency Purchase Programme/PEPP) läuft mit einem Volumen von nun
1,85 Billionen Euro unverändert bis mindestens Ende März 2022.

Die Käufe helfen Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre
Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als
großer Käufer am Markt auftritt. Insbesondere für Staaten ist das
wichtig, weil sie in der Corona-Krise milliardenschwere
Rettungsprogramme aufgelegt haben, die es zu finanzieren gilt.

Um den Geschäftsbanken in der Krise als Finanzierer unter die Arme
zugreifen, hatte die Notenbank im Dezember weitere besonders günstige
Langfristkredite (PELTROs) aufgelegt und die Bedingungen für bereits
laufende Langfristkredite gelockert.

Bei den Zinsen bleibt der Kurs nach der EZB-Sitzung vom Donnerstag
ebenfalls unverändert: Den Leitzins im Euroraum halten die
Währungshüter auf dem Rekordtief von null Prozent. Geschäftsbanken
müssen weiterhin 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der
Notenbank parken.

Freibeträge für bestimmte Summen sollen die Institute bei den Kosten
dafür entlasten. Nach Berechnungen der Bundesbank verringerte dies
den Zinsaufwand der Banken im Euroraum seit Einführung der
Freibeträge im Oktober 2019 bis Dezember 2020 um 4,7 Milliarden Euro
auf 8,9 Milliarden Euro.

Hauptziel der EZB ist ein ausgewogenes Preisniveau bei einer
mittelfristigen Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent im
gemeinsamen Währungsraum. Dieser Zielwert wird seit Jahren verfehlt.
Im Dezember lag die Inflationsrate im Euroraum nach Daten der
Statistikbehörde Eurostat wie im November bei minus 0,3 Prozent.

Die Währungshüter haben daher auch den vergleichsweise starken Euro
im Blick. «Wir beobachten Wechselkurse sehr aufmerksam. Wir wissen,
dass sie einen Einfluss auf die Preise haben», sagte Lagarde. Steigt
der Euro-Kurs gegenüber anderen Währungen, werden Importe dadurch in
der Regel billiger. Das kann die ohnehin schon schwache Inflation
weiter dämpfen.

Europas Währungshüter sind seit Jahren im Anti-Krisen-Modus. Die seit
März 2015 mit Unterbrechung laufenden anderen Kaufprogramme der
Notenbank für Anleihen haben mit etwas über drei Billionen Euro Ende
Dezember bereits ein gewaltiges Volumen erreicht.