Fall Nawalny: EU-Parlament verlangt weitere Sanktionen gegen Russland

21.01.2021 19:27

Brüssel/Moskau (dpa) - Nach der Inhaftierung des Kremlgegners Alexej
Nawalny hat das Europaparlament weitere Sanktionen gegen Russland
gefordert. Die verantwortlichen Personen und Organe für die
Vergiftung, Verhaftung und Verurteilung Nawalnys sollten bestraft
werden, forderten die EU-Abgeordneten in einer Entschließung am
Donnerstag. Auch russische Oligarchen und deren Familien sollen
demnach mit Sanktionen belegt werden. «Die Europäische Union sollte
nicht länger ein Ort sein, der russischen Reichtum unklarer Herkunft
willkommen heißt», hieß es in dem Dokument.

Das Parlament verlangte von der Staatengemeinschaft zudem, die
Beziehung zu Russland neu zu definieren. Im Zentrum müssten
demokratische Werte, Rechtsstaatlichkeit, Grund- und Menschenrechte
stehen. Kooperationen müssten kritisch hinterfragt werden, so auch
die Ostseepipeline Nord Stream 2. Die Abgeordneten sprachen sich für
einen sofortigen Stopp des Projekts aus.

Aus Moskau kam umgehend Kritik an der «Resolution». Eine Verknüpfung

des Pipeline-Baus mit dem Vorgehen gegen Nawalny sei eine
unzulässiger Druck auf die Justiz und eine Einmischung in russische
Angelegenheiten, meinte der Chef des Auswärtigen Ausschusses im
Parlament, Leonid Sluzki. «Wir wundern uns schon gar nicht mehr über

die antirussische Voreingenommenheit und Berechenbarkeit der
Europaabgeordneten.»

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte in der Plenardebatte am
Dienstag darauf hingewiesen, dass Sanktionen in der Verantwortung des
Rates der Mitgliedsstaaten lägen. Wenn diese es wünschten, würde man

auch mit restriktiven Maßnahmen reagieren. Borrell hatte betont, die
Beziehung der EU zu Russland sei nicht auf die Vergiftung Nawalnys zu
reduzieren. Man müsse Kommunikationskanäle offen halten.

Mehrere EU-Staatenvertreter hatten weitere Sanktionen als
realistisches Mittel bezeichnet. Bereits im vergangenen Jahr hatte
die EU in Folge von Nawalnys Vergiftung mit dem Kampfstoff Nowitschok
im August Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche
Verantwortliche aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin
verhängt. Nawalny war nach seiner medizinischen Behandlung in
Deutschland am Wochenende nach Russland zurückgekehrt und wurde dort
umgehend verhaftet. In einem Eil-Verfahren wurde er wegen Verstoßes
gegen Bewährungsauflagen zu 30 Tagen Haft verurteilt worden.