«Memo Euro» und «Movie Money»: Die Tricks der Geldfälscher Von Jörn Bender und Friederike Marx, dpa

22.01.2021 11:00

Eigentlich sind falsche Geldscheine leicht zu erkennen. Eigentlich.
Dennoch gelingt es Kriminellen immer wieder, Blüten in größerem
Umfang unters Volk zu bringen. In manchen Fällen erstaunlich plump.

Frankfurt/Main (dpa) - Ein «0-Euro-Schein»? Klarer Fall von
Falschgeld. Dennoch akzeptierte ein Großhandelsgeschäft in Bayern die
Souvenirnote im April 2020 als 100-Euro-Schein - auch wenn der
nachgeahmte und der echte Schein außer der grünen Farbe nichts
gemeinsam haben. König Ludwig II. von Bayern und seine Traumschlösser
sind in Bild und Text auf dem «Memo Euro» verewigt, Neuschwanstein
ist sogar noch falsch geschrieben: «Neuswanstein».

Verbraucher sollten sich Geldscheine grundsätzlich «genau anschauen -
gerade auch die kleineren Stückelungen», mahnt Bundesbank-Vorstand
Johannes Beermann. Zwar entfallen in Deutschland rechnerisch nur 7
falsche Banknoten auf 10 000 Einwohner, europaweit sind es 13.
Angesichts von mehr als 25 Milliarden Stück echten Euro-Banknoten,
die im Umlauf sind, eine vergleichsweise geringe Quote. Doch wem eine
Blüte untergejubelt wird, der bekommt dafür keinen Ersatz.

Immerhin: Auch Geldfälscher hatten es in der Pandemie schwerer als in
normalen Zeiten. Sowohl in Deutschland als auch im Euroraum gab es
2020 weniger Schäden durch Falschgeld als ein Jahr zuvor. 460 000
gefälschte Euro-Scheine zogen Polizei, Handel und Banken nach Angaben
von Bundesbank und Europäischer Zentralbank (EZB) aus dem Verkehr.
Das ist ein Rekordtief, 2019 waren es noch fast 18 Prozent mehr
(559 000 Stück). Der Schaden für das Eurosystem summierte sich auf
21,5 Millionen Euro nach 29,2 Millionen Euro in den zwölf Monaten
zuvor.

«Jahrmärkte und Feste fielen wegen Corona aus und damit viele
Gelegenheiten, die wegen des schnellen Austauschs von Geld sonst von
Fälschern genutzt werden, um Falschgeld in Umlauf zu bringen»,
erklärte Beermann.

Auch in Deutschland sank nach Angaben der Bundesbank der Schaden
durch Falschgeld im fünften Jahr in Folge von 3,3 Millionen Euro 2019
auf nun rund 2,9 Millionen Euro. «Die seit Jahren sinkende
Schadenssumme stimmt uns hoffnungsvoll, dass die verbesserten
Sicherheitsmerkmale ihre Wirkung entfalten», bilanzierte Beermann.

Seit 2019 ist die runderneuerte zweite Euro-Banknoten-Generation
komplett. Neue Sicherheitsmerkmale sollen Geldfälschern das Handwerk
erschweren. Etwa eine glänzende Smaragdzahl, die beim Neigen des
Scheins die Farbe wechselt, oder ein durchsichtiges «Porträtfenster»,

in dem im Licht ein Porträt der Mythengestalt Europa erscheint.

Bislang scheitern Geldfälscher an solchen technischen Raffinessen.
«Schlechte Fälschungen werden laufend aus dem Verkehr gezogen. Sie
sind allesamt leicht zu erkennen, weil sie keine Sicherheitsmerkmale
aufweisen oder die Merkmale nur laienhaft nachgeahmt sind», stellte
die EZB fest. Bundesbank-Vorstand Beermann erläuterte: «Auch bei
Fälschungen, die dem organisierten Verbrechen zuzuordnen sind, gibt
es eine Tendenz hin zur einfacheren Kopierfälschung. Hier ist der
Aufwand geringer, die Fälschungen sind aber auch leichter zu
erkennen.»

Allerdings brachten Kriminelle hierzulande im vergangenen Jahr höhere
Stückzahlen gefälschter Geldscheine in Umlauf als 2019. Fast 58 800
Falschnoten waren es nach knapp 55 200 ein Jahr zuvor. Die Bundesbank
erklärt den Anstieg der Stückzahlen in Deutschland durch das
vermehrte Aufkommen nachgemachter Geldscheine, die im Internet unter
den Begriffen «Movie Money» oder «Prop copy» als Spielgeld oder
Filmrequisite angeboten werden. Diese trieben die Zahl der Blüten vor
allem beim 10- und beim 20-Euro-Schein deutlich nach oben.

Ein besonders kurioser Fall: Als ein Jugendlicher in Berlin im
November 2020 seinen Jugendarrest antritt, muss er seine Taschen
leeren. Das Personal stellt bei der Eingangskontrolle unter anderem
88 Stück «Prop copy»-Zwanziger sicher.

Kriminelle setzen nach Beobachtung der Währungshüter zunehmend auf
kleinere Scheine, die häufiger den Besitzer wechseln und bei denen
Verbraucher vielleicht nicht immer ganz genau hinschauen, bevor der
Schein im Geldbeutel landet. In Europa wurde im vergangenen Jahr die
20-Euro-Note am häufigsten gefälscht (36,3 Prozent des
Falschgeldaufkommens), gefolgt von der 50-Euro-Note (30,9 Prozent).
In Deutschland lag der Fünfziger noch mit 41 Prozent der Fälschungen
vorn, allerdings mit deutlich schwindendem Anteil (2019: 56 Prozent).
Der Zwanziger steht inzwischen für 30 (2019: 24) Prozent der
Banknoten-Fälschungen in Deutschland, der Zehner für 16 (4) Prozent.

Verhältnismäßig wenig versuchen Kriminelle, mit falschen Münzen Kas
se
zu machen. 44 814 falsche Münzen wurden den Angaben zufolge in
Deutschland im Jahr 2020 aus dem Verkehr gezogen und damit 2763 mehr
als ein Jahr zuvor. Zu fast 90 Prozent waren dies Zwei-Euro-Münzen.

Selten jedoch tauchen so große Mengen Falschmünzen auf einmal auf wie
im Oktober vergangenen Jahres in Baden-Württemberg: Gleich 45
Kilogramm falsche Zwei-Euro-Stücke fanden spielende Kinder seinerzeit
in einem Bach in Bretzfeld im Hohenlohekreis. Die Polizei bezifferte
den Wert auf mindestens 10 000 Euro - wenn die Münzen denn echt
gewesen wären. Doch sie stellten sich schnell als Falschgeld heraus.