Grünen-Obmann zu Maut: Scheuer hat gelogen und Warnungen ignoriert

22.01.2021 15:59

Berlin (dpa) - Vor der letzten Vernehmung von Bundesverkehrsminister
Andreas Scheuer (CSU) im Maut-Untersuchungsausschuss stellt
Grünen-Obmann Oliver Krischer dem Minister ein vernichtendes Zeugnis
aus. «Er hat gelogen, gegen Gesetze verstoßen und alle Anzeichen
systematisch ignoriert», sagte Krischer am Freitag in einer
Online-Konferenz zum Stand des Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses, der in der vergangenen Woche erneut die
Vorgänge um die gescheiterte Pkw-Maut beleuchtet hatte. Am kommenden
Donnerstag (28. Januar) soll Verkehrsminister Scheuer erneut als
Zeuge aussagen. «Wir erwarten nicht viel Neues. Alles liegt auf dem
Tisch», sagte Krischer. Der letzte Termin sei eine Gelegenheit für
Scheuer, «auch mal eine Beichte abzulegen» und Fehler einzugestehen.

Im Zentrum des seit Monaten andauernden Ausschusses steht, dass das
Verkehrsministerium unter Scheuer Ende 2018 Verträge zur Erhebung und
Kontrolle der Maut geschlossen hatte, bevor endgültige
Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte
die deutsche Pkw-Maut im Sommer 2019 für europarechtswidrig erklärt.
Die Opposition wirft Scheuer schwere Fehler etwa im Haushalts- und
Vergaberecht vor. Die vorgesehenen Betreiber fordern 560 Millionen
Euro Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge direkt nach dem
Urteil gekündigt hatte. Scheuer weist die Vorwürfe zurück.

Alle Vorwürfe gegen den Minister hätten sich «mindestens bestätigt
»,
sagte Krischer. «Ich kann an keiner einzigen Stelle Entlastung oder
Entkräftung feststellen. Es ist für uns erwiesen, dass Herr Scheuer
gelogen hat.» Ungereimtheiten gibt es demnach auch bei E-Mails, die
der Verkehrsminister nicht offengelegt haben soll.

Darüber hinaus hätten sechs Zeugen ausgesagt, dass es ein Angebot an
den Minister, die Verträge über die Maut zu verschieben, gegeben
habe. Das hatte Scheuer bislang nicht bestätigt. Unions-Obmann Ulrich
Lange wies am Freitag die von Krischer erhobenen Vorwürfe gegen den
Bundesverkehrsminister entschieden zurück. «Mit seinem verbalen
Rundumschlag verdreht der Grünen-Obmann bewusst die Fakten», schrieb
Lange in einer Stellungnahme. Der Bundesverkehrsminister habe
überzeugend klargestellt, dass es kein Angebot der Betreiber gegeben
habe, die Vertragsunterzeichnung bis zum Urteil des EUGH zu
verschieben. «Haltlose Vorwürfe werden nicht dadurch richtiger, dass
man sie in schrillem Ton wiederholt», hieß es darin weiter.

Grünen-Obmann Krischer sieht dagegen auch die Verstöße gegen das
Haushaltsrecht und das Vergaberecht als erwiesen an. Es habe einen
vom Bundestag bewilligten Haushaltsrahmen von zwei Milliarden Euro
gegeben, das Angebot der Betreiber habe aber bei drei Milliarden Euro
gelegen. Hier habe es der Minister am Ende «passend gemacht», indem
der Bund Aufgaben der Betreiber «auf seine Kosten» übernommen habe.
«Das hätte im Bundeshaushalt abgebildet werden müssen», sagte
Krischer. Mit Blick auf Mitbewerber, die von einem höheren Preis
(drei Milliarden Euro) ausgegangen waren und deshalb vorher
ausgestiegen seien, sieht die Opposition auch einen Verstoß gegen das
Vergaberecht.