DGB will klare Regeln für Arbeitszeit im Homeoffice

24.01.2021 14:15

Werden bei der Arbeit zu Hause massenhaft unbezahlte Überstunden
geleistet? DGB-Chef Hoffmann spricht von einer «dunklen Schattenseite
von Homeoffice» und fordert Konsequenzen.

Berlin (dpa) - Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dringt auf klare
Regeln für das Arbeiten im Homeoffice, um unbezahlte Überstunden zu
verhindern. «Wir erleben aktuell, dass Arbeitszeiten im Homeoffice in
der Regel überhaupt nicht erfasst werden», sagte der DGB-Vorsitzende
Reiner Hoffmann der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). Dabei
leisteten die Beschäftigten in Deutschland heute schon jährlich eine
Milliarde Überstunden, die nicht bezahlt würden. «Das ist
Lohndiebstahl. Und der wird verstärkt, wenn es keine vernünftigen
Regeln für die digitale Arbeitswelt gibt.»

«Nach deutschem und europäischem Recht ist niemand rechtlich
verpflichtet, seinem Arbeitgeber außerhalb der vereinbarten
Arbeitszeit zur Verfügung zu stehen», erläuterte Hoffmann in der
«Augsburger Allgemeinen» (Montag). «Trotzdem müssen fast 40 Prozent

der Beschäftigten im Homeoffice auch in der Freizeit erreichbar
sein.» Dies wirke sich negativ auf die Gesundheit und das Privatleben
aus. Der DGB-Chef bezifferte die unbezahlte Mehrarbeit, die dadurch
geleistet werde, auf 30 Prozent. «Das ist eine dunkle Schattenseite
von Homeoffice und deshalb ist es so wichtig, dass der rechtliche
Rahmen jetzt schnell verbessert wird.»

Eine Initiative des Europaparlaments für einen Rechtsanspruch auf
Nichterreichbarkeit von Arbeitnehmern nach Dienstschluss nannte
Hoffmann hilfreich. In einem am Donnerstag angenommenen Bericht hatte
das EU-Parlament dieses Recht eingefordert. Es sei bisher im
Unionsrecht nicht ausdrücklich geregelt.

Arbeitgeber sollten nach Ansicht des Parlaments nicht verlangen, dass
ihre Angestellten außerhalb der Arbeitszeit direkt oder indirekt
verfügbar sein sollten. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen,
dass wer sich auf das Recht auf Nichterreichbarkeit berufe, vor
negativen Folgen geschützt werde. Es solle außerdem Mechanismen für
den Umgang mit Beschwerden in Bezug auf das Recht geben.

Die Abgeordneten wiesen in ihrem Bericht auch auf die Gefahren von
mobilem Arbeiten hin, welche in der Corona-Krise deutlich zugenommen
hätten. Sie forderten von der Kommission, genaue Mindestanforderungen
hierfür festzulegen.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger wies den Vorstoß zurück. «Eine
europäische Richtlinie, die ein Recht auf Nichterreichbarkeit
schafft, ist überflüssig», sagte er der «Augsburger Allgemeinen».

«Kein Arbeitnehmer muss immer und ununterbrochen für seinen
Arbeitgeber erreichbar sein. Dies ist längst umfangreich durch
Gesetzgebung geregelt, allen voran durch die EU-Arbeitszeitrichtlinie
und durch das deutsche Arbeitszeitgesetz.» Ein starres Korsett würde
mobile Arbeit blockieren.