Notenbanken verstärken Kampf gegen Klimawandel

26.01.2021 08:34

Notenbanken kommen einem nicht unbedingt als erstes in den Sinn, wenn
es um Klimaschutz geht. Zentralbanken wie EZB und BIZ wollen das
Thema aber keineswegs ignorieren.

Frankfurt/Basel (dpa) - Führende Notenbanken verstärken ihren Einsatz
für den Klimaschutz. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank
(EZB), Christine Lagarde, kündigte am Montag die Schaffung eines
Zentrums für Klimawandel bei der EZB in Frankfurt an. Die Bank für
Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) als Zentralbank der
Zentralbanken legt einen weiteren Fonds auf, der in «grüne»
Wertpapiere mit umweltschonendem Zweck investieren soll. Daran will
sich die EZB beteiligen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte
unterdessen erneut vor zu hohen Erwartungen an Notenbanken beim Kampf
gegen den Klimawandel.

Notenbankbanken seien eindeutig nicht die Hauptakteure, wenn es darum
gehe, die globale Erwärmung zu verhindern, sagte auch Lagarde bei
einer Online-Konferenz. «Aber die Tatsache, dass wir nicht auf dem
Fahrersitz sitzen, bedeutet nicht, dass wir den Klimawandel einfach
ignorieren können oder dass wir keine Rolle bei seiner Bekämpfung
spielen.»

Die Französin bekräftigte, die EZB werde im Rahmen ihres Mandats zu
den Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel beitragen. «Bei der EZB
starten wir jetzt ein neues Zentrum für Klimawandel, um die
verschiedenen Fachkenntnisse und Arbeitsbereiche zum Thema Klima in
der Notenbank effizienter zusammenzuführen», führte Lagarde aus.

«Der Klimawandel betrifft alle unsere Politikbereiche. Das Zentrum
für Klimawandel bietet die Struktur, die wir brauchen, um das Problem
mit der Dringlichkeit und Entschlossenheit anzugehen, die es
verdient», sagte Lagarde. Die neue Einheit soll aus etwa zehn
Mitarbeitern bestehen, die mit bestehenden Teams in der gesamten EZB
zusammenarbeiten sollen.

Mauricio Vargas von Greenpeace lobte, Lagarde schlage die richtige
Richtung ein. Er kritisierte aber zugleich, die geplanten Schritte
reichten nicht aus. «Die EZB muss einen klaren Plan entwickeln wie
sie aus der Klimakrise resultierende Investitionsrisiken wirkungsvoll
vermeiden kann. Sie muss auch dafür Sorge tragen, dass ihre
milliardenschweren geldpolitischen Portfolien sowie der
Sicherheitenrahmen für Bankkredite in Einklang mit den EU-Beschlüssen
zur Klimaneutralität stehen», forderte Vargas.

Unterdessen gab die BIZ in Basel den Start eines zweiten Fonds
bekannt, der in «grüne» Wertpapiere investieren soll. Im Unterschied

zu einem bereits bestehenden Fonds in Dollar soll der neue Fonds auf
Euro lauten. Nach BIZ-Angaben werden über die beiden Fonds zunächst
insgesamt etwa zwei Milliarden Dollar verwaltet. Es werde jedoch
erwartet, dass das Volumen deutlich wachse. Die Fonds seien
Bestandteil einer «grünen» Initiative der BIZ, die Zentralbanken
ermöglichen soll, umweltpolitische Belange in ihr Kapital- und
Reservemanagement einfließen zu lassen. Die BIZ verwaltet einen Teil
dieser Reserven für die Zentralbanken.

Mit den beiden Fonds sollen umweltfreundliche Projekte wie
erneuerbare Energien oder Energieeffizienz unterstützt werden. Die
EZB teilte mit, eigene Mittel in den neuen BIZ-Fonds einbringen zu
wollen. Damit trage die EZB zur Erreichung umweltpolitischer Ziele
wie den EU-Klimazielen und zur Bekämpfung des Klimawandels bei.
Die EZB hat nach eigenen Angaben derzeit «grüne Anleihen» in ihren
Büchern, die 3,5 Prozent ihrer Anlagen ausmachen. Diese eigenen
Mittel haben laut Notenbank einen Marktwert von 20,8 Milliarden Euro.

Seit Anfang vergangenen Jahres läuft bei der EZB eine umfassende
Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie. Europas Währungshüter

wollen dabei ihre Formulierung von Preisstabilität ebenso unter die
Lupe nehmen wie das geldpolitische Instrumentarium und ihre
Kommunikation. In den Blick nimmt die EZB dabei auch, welche Folgen
der Klimawandel für das Ziel der Preisstabilität haben könnte.

Ob Notenbanken umweltpolitische Ziele mit ihrer Geldpolitik
unterstützen sollten, ist unter Notenbankern und Ökonomen umstritten.
Dabei geht es vor allem um die Frage, ob eine Zentralbank bei
Anleihenkäufen «grüne» Wertpapiere anderen Papieren vorziehen sollt
e.

Bundesbank-Präsident Weidmann betonte: «Wie Christine Lagarde bin ich
überzeugt, dass wir alle mehr tun können, um den Klimawandel
einzudämmen, ohne Konflikte mit unseren eigenen Aufgaben zu
riskieren. Und wir sollten mehr tun.» Es sei aber nicht Aufgabe von
unabhängigen Zentralbanken, politische Entscheidungen zu korrigieren
oder zu ersetzen. «Eine aktive Rolle in der Klimapolitik könnte
unsere Unabhängigkeit untergraben und letztendlich unsere Fähigkeit
gefährden, die Preisstabilität aufrechtzuerhalten», warnte Weidmann.