Zoff um den Impfstoff: Vier Dinge, die man wissen muss

26.01.2021 17:11

Wann kommt endlich meine Chance auf eine Corona-Impfung? Im
Lockdown-Frust fragen sich das viele in Deutschland und anderen
EU-Staaten. Bestellt sind riesige Mengen Impfstoff, doch die
Lieferpläne wackeln.

Brüssel (dpa) - Großbritannien will bald rund um die Uhr gegen das
Coronavirus impfen, in Israel geht es rasant voran, in den USA
ebenfalls. Doch viele EU-Länder hinken hinterher. Zu wenig Impfstoff,
zu späte Zulassung, zu schlechte Vorbereitung, zu viel Hin und Her -
die Klagen sind vielfältig und der Schwarze Peter geht reihum. Einige
Fakten:

Die EU-Staaten haben Zugriff auf 2,3 Milliarden Impfstoffdosen

Die EU-Kommission hat mit sechs Herstellern Rahmenverträge über die
Lieferung von insgesamt 2,3 Milliarden Impfstoffdosen geschlossen -
mehr als genug für die 450 Millionen Europäer. In die Entwicklung und
den Aufbau von Produktionskapazitäten hat sie 2,7 Milliarden Euro
gesteckt. Zwei Mittel sind inzwischen zugelassen: Von Biontech/Pfizer
soll die EU bis zu 600 Millionen Dosen bekommen und von Moderna noch
einmal 160 Millionen Dosen.

Deutschland hat mehr als 300 Millionen Dosen bestellt

Deutschland erwartet nach Angaben des Gesundheitsministeriums von
Biontech/Pfizer aus der EU-Bestellung 64 Millionen Dosen sowie über
eine eigene «gesicherte Option» weitere 30 Millionen. Von Moderna
sollen es noch einmal 50,5 Millionen sein. Bestellt hat Deutschland
darüber hinaus: 56,2 Millionen Dosen von Astrazeneca; bis zu 73
Millionen Dosen von Curevac; und 37,25 Millionen Dosen von
Johnson&Johnson.

Deutschland hat bisher fast nur Biontech/Pfizer genutzt

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC soll die Daten zu gelieferten und
genutzten Impfstoffen der 27 EU-Staaten rasch zusammentragen und
veröffentlichen, ist aber nach eigenen Angaben noch nicht ganz
fertig. Für Deutschland veröffentlicht das Robert Koch-Institut
regelmäßig die Daten. Bis einschließlich Montag waren 1,92 Millionen

Impfstoffdosen verbraucht. Davon kam der allergrößte Teil, nämlich
1,89 Millionen Dosen, von Biontech/Pfizer. Von Moderna kamen rund
30 000 Einheiten. Die Zahl der Geimpften in Deutschland lag bei 1,64
Millionen, denn einige Menschen haben bereits ihre zweite Dosis
bekommen.

Zwei wichtige Hersteller liefern weniger

Biontech/Pfizer hat wegen des Umbaus eines Werks in Belgien einen
kurzen Produktionsengpass angezeigt - nach EU-Angaben befristet auf
die vergangene Woche. Die Liefermenge soll EU-weit diese Woche wieder
100 Prozent erreichen und der Ausfall rasch wettgemacht werden. In
Deutschland kommt dies nach Angaben des Gesundheitsministeriums in
einem anderen Rhythmus an: Vergangene Woche war demnach etwas mehr
verfügbar, nämlich 842 400 statt 667 875 Dosen. Diese Woche sollen

aber nur 485 550 Dosen kommen, ab 1. Februar dann schrittweise wieder
mehr. Für die Woche ab 22. Februar sind 906 750 Dosen in Deutschland
avisiert.

Hinzu kommt nun die Ankündigung von Astrazeneca, ebenfalls weniger an
die EU-Staaten liefern zu können, und das in viel größerem Umfang.
Der britisch-schwedische Konzern könnte am 29. Januar die Zulassung
bekommen. Danach erwartete die EU eigentlich 80 Millionen Impfdosen
bis Ende März. Doch nun sollen es nach EU-Angaben nur 31 Millionen
sein. Begründung hier: Lücke in der Lieferkette in Belgien. Im Raum
steht aber die Vermutung, dass vorproduzierter Impfstoff statt an die
EU an Dritte verkauft worden sein könnte. Die EU verlangt Aufklärung
und die volle Menge.